Tränen glitzerten in ihren Augen und ihre Stimme bebte vor Wut. „Menschen leiden. Menschen sterben. Wir befinden uns am Anfang eines Massenaussterbens, und alles, woran ihr denken könnt, sind Geld und Märchen von ewigem Wachstum. Wie könnt ihr es wagen!“, warf die schwedische Umweltaktivistin Greta Thunberg am Montag den in New York versammelten Staatenlenkern beim UN-Klimagipfel vor.

„Sie haben mit ihren leeren Worten meine Träume und meine Kindheit gestohlen“, sagte die 16-Jährige, die die Bewegung „Fridays for Future“ angestoßen und mit 15 weiteren Jugendlichen aus zwölf verschiedenen Ländern bei den UN eine Menschenrechtsbeschwerde zum Klimawandel eingereicht hat. Die österreichische Jugendvertreterin Anika Dafert durfte mitreisen nach New York und war tief beeindruckt. Ihr Kommentar: "Greta hat die Wahrheit gesagt."

Gretas zorniger Appell ist eine steile Vorgabe für die UN-Vollversammlung, die heute in New York beginnt. Für Zündstoff ist gesorgt. Wird doch die Generaldebatte von Brasiliens Präsident Jair Bolsonaroeröffnet, dessen ausbeuterische Abholzungspolitik als eine der Ursachen der Brände am Amazonas gilt.

"Politische Kräfte von morgen"

Bundespräsident Alexander Van der Bellen zeigte sich beeindruckt von Thunbergs Rede. "Greta hat die Fähigkeit, direkt ins Herz zu gehen", sagte er am späten Montagnachmittag (Ortszeit) bei einer Pressekonferenz. Die jungen Klimaaktivisten seien die "politischen Kräfte von morgen", freute sich der 75-Jährige. Wer "60 Jahre mehr am Buckel" habe als die Jugendlichen, wisse, "wie langsam" sich die Maschinen oft in Bewegung setzen würden, räumte er in der gemeinsamen Pressekonferenz mit Bundeskanzlerin Brigitte Bierlein, Umweltministerin Maria Patek und Außenminister Alexander Schallenberg ein.

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Anika Dafert, die von Van der Bellen nach New York mitgenommene "Fridays-for-Future"-Kämpferin aus Österreich stieß in dasselbe Horn. "Gretas Rede hat mich sehr getroffen, sie hat die Wahrheit gesagt, die Gefühle, die Panik, die Hoffnungslosigkeit in Worte gefasst", gab sich die 17-jährige Schülerin aus Radstadt in Salzburg emotional, um kurz darauf nicht mit Kritik an den handelnden Politikern zu sparen: "Wir versuchen, es euch jeden Freitag zu erklären, aber es nützt noch immer nichts." Was hier in New York "geredet" werde, sei "schön und gut". "Aber es muss etwas passieren. Es ist unsere Zukunft, die hier auf dem Spiel steht. Unser Haus brennt!"

Akzente setzen konnte in New York auch der österreichische Bundespräsident. Seine "Initiative for more Climate Ambition" wird bereits von 34 Staatsoberhäuptern aus mehreren Kontinenten getragen, freute sich Van der Bellen. In New York betonte etwa auch die slowakische Präsidentin Zuzana Caputova ihre Unterstützung für die Initiative.

Trump überraschend aufgetaucht

Überraschend erschien beim Klimagipfel US-Präsident Donald Trump - allerdings nur für einige Minuten. Er setzte sich kurz ins Plenum, obwohl er ursprünglich nicht an dem Treffen teilnehmen wollte. Trump hat den menschengemachten Klimawandel immer wieder angezweifelt und den Austritt seines Landes aus dem Pariser Klimaabkommen angekündigt. Offiziell wurden die USA bei dem Gipfel nur durch eine Büroleiterin des Außenministeriums vertreten.

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Per Videobotschaft meldete sich auch Papst Franziskus zu Wort. "Auch wenn die Lage nicht gut ist und der Planet leidet, ist das Fenster der Möglichkeiten noch immer geöffnet", sagte das Oberhaupt der Katholischen Kirche. "Noch. Noch sind wir in der Zeit. Lassen wir nicht zu, dass es sich schließt."

Iran, Saudi-Arabien und das Öl

Der Klimawandel ist das Hauptthema der 74. Sitzungsperiode der Vereinten Nationen. Aber bei Weitem nicht das einzige. Man darf gespannt sein, womit US-Präsident Donald Trump die hochrangigen Delegierten aus 193 Ländern überraschen wird.

Hatte er im Vorjahr noch mit Eigenlob für Gelächter gesorgt, könnte er sich diesmal den Iran vorknöpfen. Nach den Drohnenangriffen auf saudische Erdölanlagen, hinter denen die USA den Iran als Drahtzieher vermuten, ist die Kriegsgefahr am Golf so groß wie lange nicht. Seit der Aufkündigung des Atomabkommens durch die USA vor gut einem Jahr haben die Spannungen dramatisch zugenommen.

Erst im letzten Abdruck bekamen Irans Präsident Hassan Rohani und sein Außenminister Mohammed Dschawad Sarif ihre Visa für New York. Rohani will bei der Vollversammlung einen Friedensplan vorlegen. Sich mit Trump persönlich treffen will der Iraner nicht. Aber wer weiß.