Als hätten die Briten nicht schon genug Chaos im Land, kommt sie nun auch noch Donald Trump besuchen. Von Montag bis Mittwoch dieser Woche hält sich der US-Präsident als Gast Elisabeth II. im Vereinigten Königreich auf. Den dreitägigen Staatsbesuch in die Wege geleitet hatte Premierministerin Theresa May, als sie Trump gleich nach dessen Einzug ins Weiße Haus überstürzt diese Ehre antrug – in der Hoffnung, sich damit Brexit-Rückhalt beim „großen Verbündeten“ zu verschaffen.

In der Folge war der Besuch aber, wegen Trumps zunehmend umstrittener Politik, auf die lange Bank geschoben worden. Nun kommt er just zustande, da May am Ende ist und die britische Regierungspartei buchstäblich kopflos dasteht, ohne ihr Brexit-Problem in irgend einer Weise gelöst zu haben.

Für Trump könnte der Zeitpunkt perfekter nicht sein. Er ist gern bereit, den Briten den Weg in die Zukunft zu weisen. Schon vor seiner Ankunft hat er sie wissen lassen, welchen Kandidaten er als Nachfolger Mays in Downing Street und an der Tory-Parteispitze sehen will und welchen nicht, und warum Boris Johnson Nigel Farage als Emissär nach Brüssel senden soll.

Zugleich hat er nach einem „No-Deal“-Brexit, nach der radikalsten Trennung Großbritannien von der EU, gerufen. Er hat die Briten aufgefordert, Gelder, die sie dem Rest Europas schulden, einfach nicht zu bezahlen. Diese neue, schamlose Einmischung in britische Angelegenheiten hat am Wochenende nur wieder betretenes Schweigen ausgelöst bei konservativen Politikern.

Corbyn verurteilt Einmischung

Oppositionsführer Jeremy Corbyn hat immerhin die diplomatische Ungehörigkeit verurteilt und wird am Staatsbankett für den Gast aus Übersee heute abend nicht teilnehmen. Desgleich der Speaker des Unterhauses, John Bercow, der eine Ansprache Trumps vorm Parlament verhindert hat. Proteste auf den Straßen erwarten Trump überall bei dieser Visite.

Das dürfte den Amerikaner, der sich von den Briten „geliebt“ glaubt, freilich nicht schrecken. Was für ihn zählt, im Vorlauf zur erhofften Wiederwahl 2020, sind Bilder aus Schlössern und Palästen, von Militärparaden und Kanonenböllern, von der königlichen Kriegsmarine in Portsmouth, von Festmählern und Teestunden mit den Royals.

Die ganze Familie im Gepäck

Außer einem tausendköpfigen Tross an Mitarbeitern und Presseleuten hat der Präsident praktisch die ganze Familie, all seine Trumplinge, mit an die Themse gebracht auf dieser Reise. Das Haus Trump soll im Glanze des Hauses Windsors erstrahlen.

Die Queen, stöhnte gestern schon der Londoner Observer, müsse bei diesem „Ego-Trip“ Trumps offenbar als Fremdenführerin, das Königshaus als Kulisse für US-Wahlkampf-Videos herhalten. Dass sich May, ihre Minister und die britische Monarchie für eine solche Trump-Show zur Verfügung stellen, weist aber auf wesentlich tiefere Konflikte hin.

Denn wenn auch diesmal wieder in London die „special relationship“, die „besondere Beziehung“ zwischen Großbritannien und den USA, feierlich beschworen wird, so ist doch klar, wie der US-Präsident diese „Besonderheit“ versteht – nämlich als wortlose Gefolgschaft der Briten in die „America-First“-Ära hinein, als Schweigen zu seiner Abkehr von alten Gemeinsamkeiten.

Besonderer Verbündeter

Ob in Sachen Klimakatastrophe, Atomwaffen, Iran oder Israel: Trump ist ja von zahllosen früher vereinbarten Positionen abgedriftet, ohne seine „besonderen“ Verbündeten je gefragt zu haben. Sein willkürliches Operieren mit Handelszöllen, seine Unterstützung rechtsextremer Populisten in Europa, seine beharrliche Untergrabung internationaler Institutionen wie der UN, der Nato oder der EU werden natürlich auch in London so nicht gebilligt.

Neuerdings droht Trump London sogar, im Zusammenhang mit Huawei, offen mit der Aufkündigung alter Geheimdienst-Bande, was für London ein diplomatisches Fiasko wäre. Zur Belohnung für Folgsamkeit andererseits sollen die Briten, sobald sie aus der EU ausgetreten und „frei“ sind, einen speziellen Handelsdeal mit der „Handelsmacht Nr.1 in der Welt“ (Trump) abschließen dürfen.

Dass dieser Deal ein Deal zum einseitigen Nutzen der USA wäre, und bestenfalls ein Zwanzigstel der britischen Verluste aus einem EU-Austritt wettmachen würde, weiss man auch in London – wiewohl die Brexiteers sich beharrlich weigern, das einzugestehen.

Im Begriff, sich von seinen europäischen Partnern abzukoppeln, deren Werte es im Prinzip noch immer teilt, droht sich Großbritannien in immer größere Abhängigkeit von Donald Trump zu begeben. In wie große, und zu wieviel Unmut auf der Insel, wird dieser Staatsbesuch illustrieren.