Die überraschenden Äußerungen von US-Präsident Donald Trump zu den von Israel besetzten Golan-Höhen haben eine scharfe Reaktion in Syrien ausgelöst. Trumps Forderung, die USA sollten die Souveränität Israels über das Gebiet anerkennen, sei unverantwortlich, ließ das syrische Außenministerium am Freitag verlauten.

"Mit allen Mitteln befreien"

Israel hatte 1967 einen großen Teil der Golan-Höhen von Syrien erobert und später annektiert. Der Schritt ist international nicht anerkannt. Die syrische Regierung betonte, Trumps Äußerung ändere nichts daran, dass der Golan in syrischer und arabischer Hand bleibt. "Die syrische Nation ist noch entschlossener, dieses wertvolle Stück syrisches Land durch alle zur Verfügung stehenden Mittel zu befreien." Die Golan-Höhen gehören zu den größten Streitpunkten in dem seit Jahrzehnten andauernden Nahost-Konflikt.

Trump vollzieht mit seiner am Donnerstag verbreiteten Haltung zu dem Thema erneut eine Kehrtwende in der US-Außenpolitik. So hatte er auch Jerusalem als Israels Hauptstadt anerkannt. Israels Ministerpräsident Benjamin Netanyahu bedankte sich bei Trump kurz darauf auf Twitter. Netanyahu hatte sich 2017 bei einem Treffen mit Trump für eine US-Anerkennung der Golan-Höhen als israelisches Gebiet ausgesprochen. Er wird kommende Woche in den USA erwartet. Am 9. April finden in Israel Wahlen statt.

Türkei verurteilt Vorstoß

Das NATO-Land Türkei hat den Vorstoß des US-Präsidenten  Trumps zur Anerkennung einer israelischen Souveränität über die Golan-Höhen verurteilt. "Die territoriale Integrität von Staaten ist das fundamentalste Prinzip internationalen Rechts", schrieb Außenminister Mevlüt Cavusoglu in der Nacht auf Freitag auf Twitter.

Versuche der USA, Israels Rechtsverstöße zu legitimieren, würden nur zu mehr Gewalt und Schmerz führen. "Die Türkei unterstützt die territoriale Integrität Syriens", so Cavusoglu.

Israels Ministerpräsident Benjamin Netanyahu begrüßte die Ankündigung. "Zu einer Zeit, zu der der Iran Syrien als Ausgangsbasis für die Vernichtung Israels nutzen will, anerkennt Präsident Trump mutig die israelische Souveränität über die Golan-Höhen. Danke, Präsident Trump!", twitterte Netanyahu. "Sie haben Geschichte geschrieben", sagte er Trump später am Telefon.

Der israelische Premier hatte am Donnerstag US-Außenminister Mike Pompeo in Jerusalem getroffen und mit ihm gemeinsam der Klagemauer - der heiligsten Gebetsstätte des Judentums - einen Besuch abgestattet. Netanyahu besucht am kommenden Montag Trump im Weißen Haus in Washington.

Pompeo ist der bisher ranghöchste US-Vertreter, der bei einem Besuch an der Klagemauer von einem israelischen Regierungsvertreter begleitet wurde. US-Präsident Trump und Vizepräsident Mike Pence hatten die heilige Stätte ohne solche Begleitung privat besucht.

Die Klagemauer ist ein Überrest der Befestigung des im Jahr 70 n. Chr. von den Römern zerstörten zweiten Jerusalemer Tempels, des Zentralheiligtums der Juden. Sie liegt am Fuße des Tempelbergs, auf dem früher der Tempel stand und sich heute mit dem Felsendom und der Al-Aqsa-Moschee zwei wichtige Gebetsstätten der Muslime befinden. Ein offizieller US-Besuch kann als Anerkennung der israelischen Souveränität über die ebenfalls 1967 besetzte Altstadt gewertet werden.

Pompeo sagte vor dem Besuch an der Klagemauer vor Journalisten: "Ich denke, es ist symbolisch, dass ein ranghoher US-Vertreter dort mit dem israelischen Regierungschef hingeht."

Enorme Bedeutung

Netanyahu bemüht sich immer wieder international um eine Anerkennung der Golan-Höhen als israelisch. "Der Golan ist Teil Israels, der Golan muss für immer ein Teil von Israel bleiben", sagte er erst kürzlich. Im Jänner betonte er bei einem Treffen mit dem Nationalen Sicherheitsberater der USA, John Bolton, in Jerusalem: "Die Golanhöhen sind von enormer Bedeutung für unsere Sicherheit, und ich denke, wenn man vor Ort ist, versteht man sehr gut, warum wir den Golan niemals verlassen werden."

Die Golan-Höhen sind ein strategisch wichtiges Felsplateau oberhalb des Sees Genezareth mit der Stadt Tiberias und dicht besiedelten Gebieten im Norden Israels.

Vor kurzem hatte das US-Außenministerium seine Wortwahl zum Status der Golan-Höhen geändert. In einem Bericht zur Menschenrechtslage in Israel bezeichnete das Ministerium die Gebiete als "von Israel kontrolliert". Im vergangenen Jahr waren noch sowohl die Golan-Höhen, als auch das ebenfalls 1967 eroberte Gebiet des Westjordanlandes als von Israel "besetzt" bezeichnet worden.

Der US-Präsident hatte Ende 2017 Jerusalem als Hauptstadt Israels anerkannt und damit mit einem jahrzehntelangen internationalen Konsens gebrochen, einer endgültigen Friedensvereinbarung zwischen Israel und den Palästinensern nicht vorzugreifen. Die US-Botschaft in Israel wurde von Tel Aviv nach Jerusalem verlegt und im Mai vergangenen Jahres offiziell eingeweiht.

In Israel wird am 9. April ein neues Parlament gewählt. Trotz Korruptionsermittlungen gegen ihn hofft Netanyahu auf ein weiteres Mandat.