In einer martialischen Rede hat Indiens Premierminister Narendra Modi seine Landsleute zur Standhaftigkeit gegen den Erzrivalen Pakistan aufgerufen. Nach der jüngsten Eskalation des Kaschmir-Konflikts sprach Modi  von einem "Feind, der Indien destabilisieren" wolle. "Jeder Inder sollte sich wie eine Wand, wie ein Felsen diesen Zielen entgegenstellen."

Indien werde "geschlossen kämpfen und geschlossen siegen". Das ganze Land stehe "mit unseren Soldaten". Indiens Regierung um die hindu-nationalistische Partei Bharatiya Janata Party/BJP von Premierminister Modi steht unter Druck, Stärke zu zeigen, weil in wenigen Monaten eine Parlamentswahl ansteht. In den vergangenen Tagen, so auch in der Nacht auf Donnerstag, gab es Berichte über Schusswechsel und Truppenbewegungen entlang der De-facto-Grenze in Kaschmir.

Konflikt ist zuletzt eskaliert

Der Konflikt zwischen den Erzrivalen und Atommächten Indien und Pakistan ist zuletzt gefährlich eskaliert. Beide Seiten setzen ihre Luftwaffe ein und erklären, Flugzeuge der anderen Seite abgeschossen zu haben. Ein indischer Kampfpilot geriet in pakistanische Gefangenschaft. Pakistan wird indischen Piloten am Freitag freilassen, verkündete allerdings mittlerweile Pakistans Premierminister Imran Khan.

Der Konflikt dreht sich um die umstrittene Region Kaschmir und um mutmaßliche Terrorunterstützung. Indien flog am Dienstag nach eigenen Angaben Luftangriffe in Pakistan, wo ein Lager der Islamistengruppe Jaish-e-Mohammad (JeM) nahe der Stadt Balakot unter Beschuss genommen wurde. Die Gruppe hatte den Anschlag vom 14. Februar für sich reklamiert, bei dem 41 indische Sicherheitskräfte getötet wurden.

Nach der jüngsten Konfrontation will Pakistan hingegen zu einer Beruhigung der Lage beitragen. Islamabad sei bereit, den festgesetzten indischen Piloten freizulassen, sollte dies helfen, die Spannungen abzubauen, sagte der pakistanische Außenminister Shah Mehmood Qureshi. Gleichzeitig sei Khan zu einem Telefongespräch mit dem indischen Premierminister bereit. Man wolle alles tun, was hilfreich sei, um Frieden wieder herzustellen, sagte Qureshi.

Erste Luftangriff seit 1971

Die Spannungen zwischen den verfeindeten Atommächtenhatten sich in den vergangenen Tagen zugespitzt. Nachdem Indiens Luftwaffe zum ersten Mal seit 1971 einen Angriff auf pakistanischem Gebiet geflogen hatte, schoss Pakistan nach eigenen Angaben am Mittwoch zwei indische Kampfflugzeuge ab. Ein indischer Pilot sei danach festgesetzt worden. Nach indischer Darstellung hatte die pakistanische Luftwaffe militärische Einrichtungen auf indischem Gebiet angegriffen. Indien habe den Angriff abgewehrt und einen Jet aus Pakistan abgeschossen. Dabei habe Indien einen Abfangjäger verloren.

Indischer Protest vor der pakistanischen Botschaft in Dheli
Indischer Protest vor der pakistanischen Botschaft in Dheli © (c) APA/AFP/MONEY SHARMA

Indien und Pakistan haben sich am Donnerstag an der Grenze in Kaschmir erneut einen Schusswechsel geliefert. Nach Angaben der indischen Armee dauerte das Feuergefecht gut eine Stunde, war aber weniger heftig als der schwere Artilleriebeschuss einen Tag zuvor. Auch ein pakistanischer Regierungsvertreter sprach von nur kleinen Schusswechseln. In den vergangenen Tagen gab es auch Berichte über Truppenbewegungen entlang der De-facto-Grenze.

Massenhafte Evakuierungen

Unterdessen wurde mehrere hundert Familien aus Grenzdörfern auf der pakistanischen Seite Kaschmirs gebracht. Das erklärte der lokale Informationsminister, Mushtaq Minhas, am Donnerstag. Die Evakuierungen seien erfolgt, nachdem es in der Nacht auf Donnerstag von indischer Seite Maschinengewehr- und Artilleriebeschuss gegeben habe. Das gesamte Gebiet entlang der De-Facto-Grenze auf der pakistanischen Seite Kaschmirs sei in Alarmbereitschaft versetzt worden, sagte er. Sollte keine Beruhigung eintreten, könnten weitere Evakuierungen notwendig werden.

Nach der Eskalation des Konflikts hatten die USA, China sowie zahlreiche andere Staaten die beiden Atommächte zur Mäßigung aufgerufen. Khan und die indische Außenministerin Sushma Sawraj hatten danach erklärt, sie wollten eine Eskalation des Konflikts vermeiden.

Der pakistanische Luftraum blieb auch am Donnerstag gesperrt. Dadurch mussten viele Fluggesellschaften ihre Flüge von Europa nach Asien umleiten. Die thailändische Fluggesellschaft Thai Airways International strich sogar alle Flüge nach Europa, wodurch Tausende Passagiere auf dem Flughafen Bangkok festsaßen.