Pjöngjang habe der US-Delegation einen "realistischen Vorschlag" unterbreitet und keine vollständige Aufhebung der Sanktionen gefordert, sagte der nordkoreanische Außenminister Ri-yong Ho am Donnerstag nach Angaben der südkoreanischen Nachrichtenagentur Yonhap.

Nordkorea sei bereit, die Atomanlage Yongbyon stillzulegen, wenn die USA im Gegenzug einen Teil der Strafmaßnahmen zurücknähmen. Der mit hohen Erwartungen verknüpfte Gipfel war am Donnerstag vorzeitig und ohne Ergebnis beendet worden. Trump sagte, das Treffen sei vor allem wegen eines Streits um Sanktionen abgebrochen worden. Kim Jong Un habe verlangt, die Sanktionen vollständig aufzuheben. "Das konnten wir nicht machen", sagte der US-Präsident. Ein ursprünglich geplantes Mittagessen und die Unterzeichnung einer gemeinsamen Erklärung wurden kurzfristig von der Tagesordnung gestrichen. Trump reiste noch am Donnerstag ab.

Trump gab sich vor Journalisten Mühe, den Misserfolg zu relativieren. "Ich hätte etwas unterschreiben können. Aber es ist besser, etwas richtig zu tun als schnell", sagte er. Die Dokumente seien schon vorbereitet gewesen. Trump zufolge bestand Kim darauf, dass alle Sanktionen gegen sein Land komplett aufgehoben werden. "Wir konnten das nicht tun", sagte Trump. "Sie waren bereit, einen großen Teil der Bereiche atomar abzurüsten, die wir wollten. Aber wir konnten nicht alle Sanktionen dafür aufheben. So werden wir weiterarbeiten und sehen." Kim habe aber versichert, keine Raketen oder "irgendetwas, was mit Atom zu tun hat", zu testen. Der nordkoreanische Diktator verließ den Schauplatz des Gipfels, das Hotel "Metropole", ohne jede Erklärung.

Große Enttäuschung für Trump

Mit dem abrupten Ende sind die Hoffnungen auf eine Friedenslösung für die koreanische Halbinsel nun wieder deutlich geringer. Für Trump, der durch belastende Aussagen seines Ex-Anwalts zuhause unter Druck steht, bedeutet dies eine große Enttäuschung. Mit einem Erfolg auf internationaler Bühne hätte er von Negativ-Schlagzeilen ablenken können. Auch der erhoffte Friedensnobelpreis dürfte weit in die Ferne gerückt sein.

Pläne für einen dritten Gipfel - nach Singapur und Hanoi - gibt es nicht. Das Weiße Haus erklärte nur, die "jeweiligen Teams" wollten die Gespräche fortsetzen. Nach Angaben von US-Außenminister Mike Pompeo wollten die USA weiterreichende Zugeständnisse für den Abbau von Atomwaffen. "Wir haben ihn aufgefordert, mehr zu tun. Aber er war nicht darauf vorbereitet", sagte Pompeo. Trump sprach trotz des Scheiterns von einem "produktiven" Treffen. Nordkorea wolle auch weiterhin auf neue Atomwaffen- und Raketentests verzichten.

Das kommunistische Land hat seit November 2017 keine solchen Tests mehr unternommen. Experten sind der Ansicht, dass das Arsenal so weit entwickelt ist, dass keine weiteren Tests mehr nötig sind. Trump zufolge bekräftigte Kim auch die zuvor schon geäußerte Bereitschaft, den wichtigen Atomkomplex in Yongbyon zu schließen. Dort gibt es einen Reaktor sowie Anlagen zur Herstellung von Plutonium und zur Anreicherung von Uran, was beides der Atombombenherstellung dient.

Die USA verlangten von Nordkorea, außer Yongbyon eine weitere Stätte an anderer Stelle zu schließen. "Ich denke, er war überrascht, dass wir darüber Bescheid wussten", sagte Trump. Nordkorea müsse mehr tun, um eine Aufhebung der Sanktionen zu erreichen. Zu dem vagen Begriff der "Denuklearisierung", mit der beide Seiten die atomare Abrüstung auf der koreanischen Halbinsel umschreiben, sagte Trump: "Viele Leute wissen nicht, was es bedeutet. Aber für mich ist es ziemlich klar. Sie müssen ihre Atomwaffen abgeben."

Überraschendes Scheitern des Gipfel

Das Scheitern des Gipfels kam für viele überraschend. Noch in der Früh hatten sich Kim und Trump positiv geäußert. "Wir mögen einander einfach. Wir haben eine gute Beziehung", sagte Trump. "Ich habe Vertrauen in ihn. Und ich nehme ihn beim Wort." Nach üblen gegenseitigen Beschimpfungen hatte sich das Verhältnis der beiden seit einiger Zeit entspannt. Wie bereits bei ihrem Gipfeltreffen in Singapur zeigten Trump und Kim auch in Hanoi demonstrativ Nähe. In einer Verhandlungspause gingen sie am Pool des Metropole-Hotels spazieren.

Statt einem abrupten Ende ging das Weiße Haus ursprünglich von der Unterzeichnung einer gemeinsamen Erklärung aus. Spekuliert wurde, dass beide Seiten den Korea-Krieg (1950-53) offiziell für beendet erklären. Dazu gab es dann aber schließlich kein Wort. Eine Friedenserklärung wäre eine wichtige vertrauensbildende Maßnahme gewesen.

Auch von der erwarteten Einrichtung von Verbindungsbüros im jeweils anderen Land war keine Rede mehr. Allerdings sagte Kim auf eine Journalistenfrage am Donnerstag, dass die Eröffnung eines US-Verbindungsbüros in Nordkorea "begrüßenswert" wäre. Auch Trump nannte dies eine "großartige Sache".

Unter den Tisch fielen auch die erhoffte Wiederaufnahme innerkoreanischer Wirtschaftsprojekte. Wegen der Differenzen fiel auch ein schon vorbereitetes gemeinsames Mittagessen aus. Der Tisch blieb leer. Der US-Präsident flog zwei Stunden früher als geplant aus Hanoi ab.

Telefonat mit Moon Jae-in

Aus der Air Force One telefonierte Trump mit dem südkoreanischen Präsidenten Moon Jae-in, um ihn zu unterrichten. Moon, der sich schon dreimal mit Kim getroffen hatte, spielt eine wichtige Vermittlerrolle zwischen den USA und Nordkorea. Moon hatte das ergebnislose Enge des Gipfels in einer ersten Reaktion als "bedauerlich" bezeichnet, aber zugleich darauf verwiesen, dass noch nie in der Vergangenheit "bedeutendere Fortschritte" erzielt worden seien. Japans Ministerpräsident Shinzo Abe lobte Trump dafür, dass er hart geblieben sei und keine Konzessionen gemacht habe. "Ich unterstütze Trumps Entscheidung, nicht den einfachen Weg zu gehen", sagte Abe.

Der deutsche Außenminister Heiko Maas sagte, dass das Ausbleiben eines Ergebnisses "sicherlich eine schlechte Nachricht für die Welt" sei. Das Treffen scheine "nicht so gut gelaufen zu sein, das bedauern wir sehr", sagte Maas am Donnerstag im ZDF-"Morgenmagazin". Der außenpolitische Sprecher der Unions-Fraktion im Deutschen Bundestag, Jürgen Hardt, kritisierte, dass Trump Kim mit dem zweiten Treffen innerhalb von acht Monaten ohne Gegenleistungen aufgewertet habe. "Man kann nur hoffen, dass die Verhandlungsteams beider Seiten deutlich gründlichere Vorarbeit leisten, bevor es zu einer neuerlichen Begegnung kommt", erklärte Hardt.

"Wir haben nicht alles bekommen, was am Ende Sinn für die USA gemacht hätte", sagte Pompeo. Trump war dem Machthaber eigentlich noch entgegengekommen, indem er ihn nicht mehr zu einer schnellen Abrüstung seiner Atomwaffen drängte. Es gebe "keine Eile", solange Nordkorea auf Atomwaffen- und Raketentests verzichte. Trotzdem reichte es nicht. Die Führung in Pjöngjang sieht ihr Atomarsenal als eine Art Lebensversicherung gegen mögliche Angriffe oder Umsturzversuche. Kim bleibt nach dem Gipfel noch bis zum Wochenende in Vietnam. Sein Großvater Kim Il-sung war 1964 der letzte nordkoreanische Führer, der Hanoi besucht hatte.