"Unsere Glückwünsche für Juan Guaido als Interims-Präsident von Venezuela. Er hat unseren Rückhalt, um das Land wieder zurück zur Demokratie zu führen", schrieb OAS-Generalsekretär Luis Almagro am Mittwoch auf Twitter. Auch US-Präsident Donald Trump anerkannte Guaido via Twitter bald nach dessen Selbsternennung. Präsident Maduro brach daraufhin die Beziehungen zu den USA ab.

Zuvor hatte sich Guaido selbst zum Präsidenten Venezueals erklärt. "Vor dem allmächtigen Gott gelobe ich, die Kompetenzen der Exekutive als Interims-Präsident von Venezuela zu übernehmen", sagte Guaido am Mittwoch bei einer Kundgebung vor Anhängern in der Hauptstadt Caracas.

Die regierenden Sozialisten riefen daraufhin zur Verteidigung von Präsident Nicolas Maduro auf. "Der Präsident ist Nicolas Maduro. Wer Präsident sein will, soll zum (Präsidentenpalast) Miraflores kommen. Dort wird das Volk sein und Nicolas Maduro verteidigen", sagte der Vizepräsident der sozialistischen Partei PSUV, Diosdado Cabello, auf einer Kundgebung. 

Todesopfer bei Großkundgebungen

Die Großkundgebungen von Gegnern und Anhängern des umstrittenen sozialistischen Präsidenten Nicolas Maduro hatten den ganzen Tag über Todesopfer gefordert. Zehntausende Menschen gingen auf beiden Seiten am Vormittag (Ortszeit) in der venezolanischen Hauptstadt Caracas auf die Straße. Bei nächtlichen Protesten waren in dem südamerikanischen Krisenstaat zuvor vier Menschen ums Leben gekommen, darunter ein 16 Jahre alter Jugendlicher.

Für Venezuelas Präsident Nicolas Maduro ist Oppositionsführer Juan Guaido lediglich ein "Junger, der Politik spielt". Doch der 35-jährige Parlamentspräsident erwies sich für den linksnationalistischen Staatschef als durchaus gefährlich: Innerhalb weniger Wochen ist Guaido zum neuen Gesicht der geschwächten und gespaltenen Opposition in dem südamerikanischen Land geworden und hat einen neuen Konfrontationskurs gegen Maduro gestartet. Zu den Großkundgebungen gegen den Präsidenten am Mittwoch hat er aufgerufen. Als Höhepunkt erklärt er sich selbst zum Präsidenten.

Bis vor Kurzem war Guaido in Venezuela noch völlig unbekannt. Anfang Jänner wurde der hochgewachsene Abgeordnete der rechten Oppositionspartei Voluntad Popular (Volkswille) dann zum Präsidenten der von der Opposition dominierten und von Maduro entmachteten Nationalversammlung gewählt. Praktisch über Nacht trat er die Nachfolge von glücklosen Oppositionsführern wie Leopoldo Lopez und Freddy Guevara an: Lopez sitzt im Hausarrest, Guevara hat sich in die chilenische Botschaft in Caracas geflüchtet.

Guaido zeigt jedoch keine Angst: "Ich bin ein Überlebender, kein Opfer", sagt der verheiratete Vater einer Tochter über eine Unwetterkatastrophe in seinem Heimatstaat Vargas im Dezember 1999 mit tausenden Toten. Auch Guaido, seine Mutter und seine Geschwister waren betroffen. "Ich weiß, was es heißt, hungrig zu sein", versichert Guaido auch mit Blick auf die verheerende Wirtschaftslage in seinem Land.

Der Oppositionspolitiker hat sich nun bereit erklärt, die Führung einer "Übergangsregierung" zu übernehmen und Neuwahlen auszurufen. Die von der Opposition kontrollierte Nationalversammlung hat er dazu gebracht, Maduro wegen seiner umstrittenen Wiederwahl im Mai offiziell als "Usurpator" zu bezeichnen und eine Amnestie für aufständische Soldaten zu beschließen. Der Oberste Gerichtshof hat die Beschlüsse allerdings annulliert. Alle Entscheidungen der Nationalversammlung seien "nichtig", erklärte das Gericht, das als regierungstreu gilt und die Autorität des Parlaments nicht anerkennt.

Neben der Justiz steht bisher auch die Militärführung hinter Maduro. Guaido appellierte an die Streitkräfte, sich aktiv an der "Wiederherstellung der Verfassung" in Venezuela zu beteiligen - wohl wissend, dass ein Sturz des linksgerichteten Staatschefs ohne das mächtige Militär nicht möglich wäre.

Diese Länder erkennen Guaido an

Argentinien, Chile und Guatemala haben den venezolanischen Parlamentschef Juan Guaido als Übergangspräsidenten des südamerikanischen Landes anerkannt. Er wolle seine Unterstützung für die Entscheidung Guaidos ausdrücken, schrieb Argentiniens Präsident Mauricio Macri am Mittwoch auf Twitter.

Venezuelas Präsident Nicolas Maduro sei Teil des Problems und nicht der Lösung, erklärte Chiles Präsident Sebastian Pinera ebenfalls auf Twitter. Der einzige Weg zu Frieden in Venezuela führe über freie Wahlen, so Pinera.

Auch Guatemala erkenne Guaido an und hoffe, dass das südamerikanische Land nun wieder einen demokratischen Weg einschlagen könne, schrieb die Regierung des mittelamerikanischen Staats auf Twitter. Perus Außenministerium erklärte auf Twitter, die Regierung in Lima stütze Guadio. Ecuadors Präsident Lenin Moreno sagte in einer Videoansprache, er erkenne den Übergangspräsidenten in Venezuela an.

EU verfolgt Entwicklung in Venezuela aufmerksam

Die Europäische Union wollte sich am Mittwochabend nicht offiziell äußern zu dem Machtkampf in Venezuela zwischen Staatschef Nicolas Maduro und Parlamentspräsident Juan Guaido. Die Europäische Union folgte der Entscheidung der USA und der Organisation Amerikanischer Staaten (OAS), die Guaido anerkannten, zunächst nicht.

Als Grund dafür galt die Tatsache, dass eine Anerkennung von ausländischen Staats- und Regierungschefs in der EU in der Regel die Sache von Nationalstaaten ist. Eine Abweichung von dieser Praxis wäre nur durch eine einstimmige Entscheidung aller 28 Mitgliedstaaten möglich.

Eine Sprecherin der EU-Außenbeauftragten Federica Mogherini sagte am Abend lediglich: "Wir beobachten die Entwicklungen in Venezuela sehr aufmerksam und sind in engem Kontakt mit den Mitgliedstaaten und Partnern."