In dem Streit über die Deutung der Vorfälle bei den rechtsgerichteten Demonstrationen in Chemnitz haben die deutschen Polizeigewerkschaften die Politik zu Mäßigung aufgefordert und vor Fehlinterpretationen gewarnt. "Mit dem Begriff Hetzjagd ist Schindluder getrieben worden", sagte der Chef der Deutschen Polizeigewerkschaft (DPolG), Rainer Wendt, der "Neuen Osnabrücker Zeitung".

"Es wäre gut, wenn sich alle Politiker mal eine Woche zurückhalten würden und sich einen zurückhaltenden Sprachgebrauch auferlegen." Für ihn sei es ein unnützer politischer Streit, der die Ermittlungen der Strafbehörden behindere, weil Menschen vorverurteilt würden.

Auch der Vorsitzende der Polizeigewerkschaft GdP, Oliver Malchow, rief zur Zurückhaltung auf. "Politiker sollten sich bei heiklen Themen erst dann äußern, wenn verlässliche Informationen vorliegen. Alles andere ist kontraproduktiv und führt nur zu Fehlinterpretationen", sagte er dem Blatt. Zugleich warnte Malchow aber auch davor, die Vorfälle in Chemnitz zu relativieren. "Es hat keine Hetzjagd per Definition gegeben, also dass da bewaffnete Menschen ihre Opfer durch die Straßen jagen, aber es war keineswegs eine friedliche Veranstaltung." Seine sächsischen Polizeikollegen hätten Aufmärsche, Gewalt, Körperverletzung, Beleidigung und Hitlergrüße beobachtet.

Verfassungsschutz prüft

Verfassungsschutz-Präsident Hans-Georg Maaßen hatte in einem "Bild"-Interview bezweifelt, dass es in Chemnitz nach der Tötung eines Deutschen zu Hetzjagden gegen Ausländer gekommen sein soll. Dem Verfassungsschutz lägen "keine belastbaren Informationen" darüber vor. Er stellte die Echtheit eines Videos infrage, das zeigen soll, wie Ausländer über eine Straße gejagt werden und schloss, ohne Beweise vorzulegen, auch eine gezielte Falschinformation nicht aus.

Damit löste er eine Welle der Kritik aus. Die Generalstaatsanwaltschaft Dresden hält das Video dagegen für echt. Es lägen keine Anhaltspunkte für eine Fälschung vor, sagte Oberstaatsanwalt Wolfgang Klein "Zeit Online".´Innenminister Horst Seehofer (CSU) hatte sich dagegen hinter Maaßen gestellt. Der Verfassungsschutz hatte angekündigt, die Sachlage noch prüfen zu wollen.