Der EU-Kommissar für Europäische Nachbarschaftspolitik, Johannes Hahn, hat sich für mehr Mehrheitsentscheidungen in der EU-Außenpolitik ausgesprochen. Ansonsten werde die Union "nie ein Global Player" werden, sagte Hahn in der Diskussionssendung "Im Zentrum" am Sonntagabend. Die Kommission werde im Herbst auch einen entsprechenden Vorschlag vorlegen, teilte Hahn mit. In 40 bis 50 Bereichen lasse der Vertrag von Lissabon solche Mehrheitsentscheidungen zu.

Zuletzt hatte sich auch der luxemburgische Außenminister Jean Asselborn dafür stark gemacht, den Zwang zur Einstimmigkeit in außenpolitischen Fragen aufzuheben. Es werde immer schwieriger, in zentralen Fragen eine einheitliche Linie zu wahren, begründete Asselborn. Vor allem im Bereich Migration brauche es aber ein gemeinsame europäische Politik, forderte Asselborn in der ORF-Sendung "Im Zentrum".

Der frühere ungarische Sozialminister und nunmehrige Berater des ungarischen Regierungschefs Viktor Orban, Zoltan Balog, erachtete die Entwicklung hin zu Mehrheitsentscheidungen "bei verschiedenen Themen" für "machbar", vor allem beim Thema Außengrenzen "sollte man das tun", so Balog.

Inhaltlich brachte Politikwissenschafterin Ulrike Guerot die aktuellen Entscheidungsnotstände der EU auf den Punkt:

  • Gemünzt auf jene, die das Wohl ihrer eigenen Länder vor jenes der EU-Gesamtheit stellen: Wer ist Souverän - die EU oder die Nationalstaaten? Denn: "Es kann nur einen geben."
  • Gerichtet an jene, die weniger Geld für die EU ausgeben wollen statt mehr: Ist die EU bereit, rund um den gemeinsamen Markt ein europäisches Gemeinwesen zu etablieren? "Das und die Aufrechterhaltung der europäischen Werte kostet Geld."
  • Und an die Adresse derer, die nur die Außengrenzen schützen und die Migrationsfrage außerhalb Europas wollen, ohne das Problem bei den Wurzeln zu packen: "Wir müssen uns endlich mit Afrika auseinandersetzen, bevor es von China geplündert wird."

Inbesondere Asselborn rieb sich nicht nur in diesen Punkten an Österreich - in der Sendung vertreten durch EU-, Medien- und Kulturminister Gernot Blümel. Dass die Asylfrage außerhalb Österreichs, außerhalb der EU geregelt werden könne, sei illusorisch.

Und zuerst die Außengrenze schützen zu wollen bevor man sich der Frage des Asylrechts zuwende, heiße, die Rechtsfrage zu einer sekundären Frage zu machen. Damit, dass sich diverse EU-Staaten weigerten, die beschlossene und vom EU-Gerichtshof als rechtens erachtete Aufteilung der Flüchtlinge umzusetzen, begebe man sich auf gefährlichen Boden.