Russland erhofft sich durch den UN-Sicherheitsrat eine "angemessene Bewertung" des Militärangriffs auf syrische Ziele durch die Westmächte. Es solle alles getan werden, um solche rücksichtslose, aggressive Handlungen nicht zu mehr ermöglichen, teilte das russischen Außenministerium in Moskau mit. Niemand dürfe "die Sicherheit in der Region bedrohen, die bereits durch die kriminellen Abenteuer der USA und ihrer Verbündeten im Irak und in Libyen stark destabilisiert ist", hieß es. Das Ministerium verurteile das aggressive Vorgehen der USA, Großbritanniens und Frankreichs. Es handle sich um eine grobe Verletzung grundlegender Prinzipien des Völkerrechts. Der Westen unterstütze mit dem Angriff lediglich Terroristen.

"Es stellt sich heraus, dass die USA und ihre Verbündeten Radikalen und Extremisten die Möglichkeit geben, (...) wieder stärker zu werden und das Blutvergießen auf syrischen Boden zu verlängern", hieß es in der Mitteilung. Eine politische Lösung des Bürgerkrieges werde dadurch erschwert, die UN-geführten Friedensgespräche in Genf würden untergraben. Zuvor hatte bereits der russische Staatschef Wladimir Putin den Raketenangriff auf das Schärfste verurteilt und eine Sondersitzung des UN-Sicherheitsrates gefordert. Die Sitzung wurde in New York noch für Samstag anberaumt.

Russland sieht den Militärschlag gegen Syrien innenpolitisch motiviert. "Es ist zu vermuten, dass dieser 'Blitzkrieg', der entsprechend medientechnologisch begleitet wird, die stark angeschlagenen innenpolitischen Positionen des US-Präsidenten Trump und der britischen Premierministerin May stützen sollte", erklärte der russische Botschafter in Wien, Dmitrij Ljubinskij, auf Facebook. Die USA, Großbritannien und Frankreich hätten in der Nacht "im Widerspruch zu allen bestehenden völkerrechtlichen Normen einen Raketenangriff auf militärische und zivile Objekte in Syrien durchgeführt". Nach letzten Angaben seien mehr als 100 Marschflugkörper auf syrische Städte und Orte abgefeuert worden. Ziel sei dabei offensichtlich, den gegen die syrische Regierung kämpfenden radikal-islamistischen Gruppierungen Positionsvorteile zu verschaffen.

Als Vorwand habe "die beweislose Behauptung über einen angeblichen Chemiewaffenangriff in der Stadt Douma der von Washington und London finanzierten Organisation 'Weißhelme'" gedient. Die Luftangriffe hätten die Tätigkeit der OPCW-Mission, "die die Behauptungen der Weißhelme und ihrer Sponsoren vor Ort überprüfen sollte, verhindert", meinte Ljubinskij. Mittlerweile teilte die Organisation für das Verbot von Chemiewaffen (OPCW) allerdings mit, dass ihre Experten die Untersuchung des mutmaßlichen Giftgasangriffs fortsetzen.

Der Botschafter betonte weiter: Die USA und ihre Mitspieler hätten in der Nacht ein souveränes Land angegriffen. "Ohne jegliche Zustimmung der Vereinten Nationen. Serbien, Irak, Libyen... Die Geschichte wiederholt sich. 'Regime Change' ist das Stichwort." Es sei leicht zu prognostizieren, dass "neue Flüchtlingsströme, auch nach Kontinentaleuropa, zu den unausweichlichen Folgen der von Washington in Syrien absichtlich ausgelösten Eskalationsspirale gehören werden".

Der iranische Präsident Hassan Rouhani hat seinem syrischen Amtskollegen unterdessen versichert, dass Teheran weiterhin an Syriens Seite stehen werde. "Die Angriffe waren nicht nur gegen Syrien gerichtet, sondern gegen die ganze Region", sagte Rouhani in einem Telefongespräch mit Bashar al-Assad. Die territoriale Integrität Syriens und die Souveränität der syrischen Regierung zu ignorieren, mache nicht nur die Region unsicher, sondern ermutige auch die Terroristen in der Region. Tatsache bleibe jedoch, dass nicht Großmächte, sondern das syrische Volk über die Zukunft des Landes entscheiden werde, sagte Rouhani.

Assad bedankte sich bei Rouhani für die iranische Unterstützung und versicherte seinerseits, dass die Angriffe weder militärisch etwas bewirkt, noch den Willen seines Volkes geschwächt hätten. "Die drei Aggressoren haben die militärische Option gewählt, weil sie mit ihren politischen Optionen gescheitert waren", sagte Assad laut Webportal des iranischen Präsidialamts.

Zuvor hatte Irans oberster Führer, Ayatollah Ali Khamenei, die Angriffe der USA, Frankreichs und Großbritanniens auf Ziele in Syrien scharf verurteilt. Die politischen Führer der drei Länder bezeichnete er als Verbrecher: "Ich sage es ganz offen: Die Angriffe waren ein Verbrechen, und die drei an den Angriffen beteiligten Regierungschefs sind dementsprechend Verbrecher", sagte Khamenei. Doch wie bei anderen Verbrechen der letzten Jahre werde ihnen auch dieses nichts bringen, sagte der Führer laut Nachrichtenagentur Isna.

Das iranische Außenministerium verurteilte die Angriffe als klaren Verstoß gegen internationales Recht und Verletzung der territorialen Integrität Syriens. Der Iran verurteile jeglichen Einsatz chemischer Waffen. Das Thema hätte aber nicht als Vorwand für militärische Angriffe auf einen Mitgliedsstaat der Vereinten Nationen genutzt werden sollen, teilte das Außenministerium mit.

Auch die iranischen Revolutionsgarden (IRGC) reagierten empört. "Die Amerikaner wollten ja nie die Untersuchungsergebnisse der angeblichen Giftgasangriffe abwarten, sondern suchten nach einem Vorwand für die Angriffe", sagte IRGC-Sprecher Jadollah Dschawani der Nachrichtenagentur Tasnim. Die "Abenteurerpolitik" der USA gefährde die Sicherheit der Region und werde Konsequenzen haben. "Die aber werden mehr den Amerikanern schaden", sagte der Sprecher.

Live-Bilder aus Damaskus und Interviews mit Politologen beherrschten seit den frühen Morgenstunden das Nachrichtenprogramm des iranischen Staatssenders IRIB. Die Politologen warnten vor einer gefährlichen Eskalation des Konflikts besonders zu einem Zeitpunkt, wo Syrien kurz vor einer politischen Lösung gestanden habe.

"Die Welt sollte jemandem wie Trump nicht erlauben, gleichzeitig den globalen Staatsanwalt, Richter und Henker zu spielen", sagte der Politologe Kalani Moghaddam. Das sei seiner Einschätzung nach nicht nur gefährlich für den Nahen Osten, sondern für die gesamte Welt.

Die USA, Großbritannien und Frankreich hatten in der Nacht auf Samstag Ziele in Syrien angegriffen. Dies wird mit Vergeltung für den Einsatz von Chemiewaffen begründet, für den der Westen Syriens Regierung Assads verantwortlich macht und bei dem zahlreiche Menschen ums Leben kamen.