Im Fall des in Deutschland festgenommenen ehemaligen Regionalpräsidenten Kataloniens, Carles Puigdemont, will sich die deutsche Bundesregierung nicht in die Entscheidung der Justiz bezüglich einer Auslieferung des Separatistenführers an Spanien einmischen. Das berichtet "Spiegel online" am Freitag.

Der deutsche Anwalt von Puigdemont, Wolfgang Schomburg, führender Experte des internationalen Strafrechts, hatte genau diese Einmischung gefordert. Die deutsche Bundesregierung in Gestalt von Justizministerin Katarina Barley solle "unverzüglich" erklären, dass Deutschland eine Auslieferung politisch keinesfalls bewilligen werde.

Oberlandesgericht Schleswig am Zug

Die Generalstaatsanwaltschaft Schleswig will in der Woche nach Ostern entscheiden, ob sie beim Oberlandesgericht Schleswig eine Auslieferung nach Spanien beantragt. Nach Informationen des "Spiegel" hat sich die Behörde dafür bereits mit dem deutschen Justizministerium "ins Benehmen" gesetzt.

Der Politiker, der seit seiner Flucht aus Spanien Ende Oktober 2017 in Belgien im Exil lebt, war auf der Rückreise aus Finnland am vergangenen Sonntag auf einem Rastplatz in Schleswig-Holstein festgenommen worden. Am Freitag zuvor war ein Europäischer Haftbefehl gegen ihn erneuert worden.

Kein Veto der Regierung

Gegen eine mögliche Auslieferung des Politikers will die deutsche Bundesregierung kein Veto einlegen. Man würde einen solchen Schritt im Kanzleramt als rechtspolitischen Affront gegen die Bundesländer ansehen, denen der Bund das Bewilligungsverfahren in Auslieferungsfällen übertragen habe, hieß es aus Regierungskreisen. Die Anwälte Puigdemonts hatten die deutsche Regierung aufgefordert, "von ihrer im Gesetz ausdrücklich vorgesehenen Möglichkeit Gebrauch zu machen, die Auslieferung nicht zu bewilligen".

Die deutsche Bundesregierung hat ihr Vorgehen noch am Tag der Festnahme in einer Telefonschaltung abgestimmt. Nach "Spiegel"-Informationen telefonierten am Sonntagabend Justizministerin Katarina Barley, Außenminister Heiko Maas, Kanzleramtschef Helge Braun und Hans-Georg Engelke, Staatssekretär im Bundesinnenministerium. Die Runde sei sich einig gewesen, dass es keine politische Einmischung geben dürfe.

Das Argument: Zwei Straftaten

In dem 19-seitigen Europäischen Haftbefehl werden Puigdemont zwei Straftaten vorgeworfen: Rebellion, die in Spanien mit bis zu 25 Jahren Haft bestraft werden kann, und Veruntreuung öffentlicher Gelder, die mit bis zu acht Jahren Gefängnis geahndet werden kann. Außerdem wurde auch die Straftat "Korruption" angekreuzt, ohne nähere Begründung. Das Dokument listet unter anderem Gewaltakte gegen Polizisten im Vorfeld und am Tag des Referendums in Katalonien auf. Polizeiwagen seien umringt, Beamte an Durchsuchungen und Festnahmen gehindert worden. Mehrere Polizisten seien dabei verletzt worden.

Allerdings hat Puigdemont laut dem Dokument mit den gewalttätigen Ausschreitungen lediglich gerechnet, aber nicht dazu aufgefordert. "Es ist offensichtlich, dass das keinen deutschen Straftatbestand erfüllt", sagte der Karlsruher Strafverteidiger Michael Rosenthal. Der ehemalige Vorsitzende Richter am Bundesgerichtshof, Thomas Fischer, meinte: "Es liegt nicht nahe, dass Herr Puigdemont den Vorsatz hatte, mit Mitteln der Gewalt Spanien zu destabilisieren."

Puigdemonts Anwalt ist kein Unbekannter: Wolfgang Schomburg, einst Bundesrichter in Karlsruhe, später Richter am Internationalen Strafgerichtshof. Im Gespräch mit der Süddeutschen Zeitung verwahrte er sich dagegen, dass zugelassen wird, dass "spanische Interessenskonflikte auf deutschem Boden" ausgetragen werden.

Der Korruptionsvorwurf stütze sich darauf, dass Puigdemont als Ministerpräsident eine Volksabstimmung über die Unabhängigkeit durchführen habe lassen, dies habe natürlich Geld gekostet. Alle im Haftgefehl dargestellten Gewaltdelikte bezögen sich auf andere Personen. Schomburg kündigte im Gespräch mit der Süddeutschen an, das Bundesverfassungsgericht anzurufen, falls das Oberlandesgericht einen Mandanten nicht auf freien Fuß setze.