Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) hat sich am Montagmorgen mit Papst Franziskus in dessen Amtsräumen im Vatikan getroffen. Im Mittelpunkt der Gespräche standen aktuelle Krisen wie die Kämpfe in Syrien und der Ukraine, das Migrationsthema, die Verfolgung der Christen im Nahen Osten, der Einsatz für eine atomwaffenfreie Welt oder die Bedeutung kirchlicher Einrichtungen für das Gemeinwesen in Österreich.

Am Ende überreichte der Papst dem Kanzler ein Schriftstück: den Text seiner Botschaft zum Weltfriedenstag 2018. Der handelt von der Flüchtlingsproblematik, was Beobachter als Wink des Kirchenoberhauptes deuten. Unter dem Titel "Migranten und Flüchtlinge: Menschen auf der Suche nach Frieden" fordert der Papst in diesem Appell die Regierenden dazu auf, die Aufnahmepolitik "auf ein Höchstmaß" auszuweiten, "soweit es das wahre Wohl ihrer Gemeinschaft zulässt".

Kurz betont allerdings, dass der Papst mit ihm in der Flüchtlingsfrage weitgehend übereinstimme. Das Thema habe er, Kurz, von sich aus angesprochen. Er habe Bewunderung dafür, dass der Papst den einzelnen Menschen ins Zentrum der Überlegungen stelle. Der Papst habe bestätigt, dass Regierungen klug handeln müssen und nicht mehr Menschen aufnehmen sollen, als sie integrieren können. Man stimme überein, dass die Hilfe vor Ort ausgebaut werden muss.

Das Vier-Augen-Gespräch dauerte 34 Minuten - durchaus eine beachtliche Zeit. Immerhin hat kürzlich auch die deutsche Kanzlerin Angela Merkel nur etwas länger, rund 40 Minuten, mit dem Papst gesprochen. Der Papst sei charismatisch, die Begegnung sei "ein erhebender Moment" gewesen, so Kurz im Anschluss.

Der Vorstand des päpstlichen Haushaltes, Kardinal Georg Gänswein, begrüßte die österreichische Delegation und geleitete sie in die Bibliothek, die als Audienzraum diente. Der mitreisende Salzburger Landeshauptmann Wilfried Haslauer (ÖVP) lud das katholische Kirchenoberhaupt zum heurigen 200. Jahrestag des weltweit bekannten Weihnachtsliedes "Stille Nacht, heilige Nacht" nach Salzburg ein.

Im Anschluss an das Vier-Augen-Gespräch mit dem Papst sprach Sebastian Kurz mit Kardinalstaatssekretär Pietro Parolin. Die mitgereisten Delegationsmitglieder durften dem Papst kurz die Hand schütteln.

Es ist nicht die erste Begegnung von Kurz mit Franziskus. Im April 2015 hatte er ihn noch als Außenminister im Vatikan besucht. Zuletzt war aus Österreich Außenministerin Karin Kneissl (FPÖ) im Jänner bei einer OSZE-Konferenz gegen Antisemitismus in Rom gewesen und hatte dort gemeinsam mit anderen Konferenzdelegierten auch das Kirchenoberhaupt getroffen. Bundespräsident Alexander Van der Bellen hatte dem Pontifex im vergangenen November einen Besuch abgestattet.