Nach den Anschlägen auf zwei koptische Kirchen mit dutzenden Toten hat der ägyptische Staatschef Abdel Fattah al-Sisi den Ausnahmezustand verhängt. Dieser gelte für drei Monate, sagte der Präsident am Sonntagabend in seinem Amtssitz in der Hauptstadt Kairo. Zuvor hatte er bereits bekanntgegeben, zum Schutz wichtiger Infrastruktureinrichtungen den sofortigen landesweiten Einsatz von Armeeeinheiten angeordnet zu haben, die die Polizei unterstützen sollten.

Der Ausnahmezustand trete in Kraft, sobald die notwendigen verfassungsrechtlichen Schritte vollzogen seien, also das Parlament zugestimmt hat, sagte Al-Sisi in einer Fernsehansprache. Hausdurchsuchungen und Festhaltungen können dann ohne richterliche Genehmigung ablaufen. Darüber hinaus werde ein Reihe von Maßnahmen ergriffen, so soll etwa ein "Oberster Rat zur Bekämpfung von Terror und Extremismus" eingerichtet werden. Bereits jetzt hat die Polizei in Ägypten aber weitreichende Rechte, da viele Gesetze schwammig formuliert sind.

27 Menschen starben bei den Anschlägen

Am Palmsonntag hatten Attentäter zwei koptische Kirchen angegriffen und mindestens 44 Menschen getötet. Vor der Kathedrale in Alexandria sprengte sich ein Selbstmordattentäter in die Luft, nachdem Kopten-Papst Tawadros II. dort die Messe gelesen hatte. 17 Menschen wurden getötet, Tawadros blieb unverletzt. Wenige Stunden zuvor hatte eine Bombe in einer Kirche in Tanta mindestens 27 Menschen getötet.

Es handelte sich um die blutigsten Anschläge auf die Minderheit der koptischen Christen in Ägypten seit langem, insgesamt wurden rund 120 Menschen verletzt. Beide Anschläge reklamierte die Jihadistenmiliz Islamischer Staat (IS) für sich.

Die Kopten sind die größte christliche Glaubensgemeinschaft im Nahen Osten und machen etwa zehn Prozent der mehr als 90 Millionen Einwohner Ägyptens aus. Die Minderheit sieht sich immer wieder gewaltsamen Angriffen ausgesetzt.

Nach der ägyptischen Verfassung muss das Parlament dem Ausnahmezustand noch zustimmen. Das Parlament wird von den Anhängern Al-Sisis dominiert, der im Jahr 2013 seinen demokratisch gewählten Vorgänger Mohamed Mursi stürzte. Proteste ließ der ehemalige Armeechef gewaltsam niederschlagen.

Entsetzen nach dem Anschlag
Entsetzen nach dem Anschlag © APA/AFP/MOHAMED EL-SHAHED

UN-Generalsekretär Antonio Guterres verurteilte die Anschläge auf Christen in Ägypten. Den Familien der Opfer, dem ägyptischen Volk und der Regierung sprach Guterres laut Mitteilung vom Sonntag sein Mitgefühl aus. Er hoffe, dass die Verantwortlichen für diesen "schrecklichen Terroranschlag" rasch identifiziert und zur Rechenschaft gezogen würden.

Die Terrormiliz IS drohte unterdessen mit neuer Gewalt gegen Christen. Die "Kreuzzügler" und "Ungläubigen" würden mit dem Blut ihrer Söhne bezahlen, hieß es in einer Mitteilung im Namen des Islamischen Staates, die am Sonntag über IS-nahe Kanäle veröffentlicht wurde. Die Echtheit konnte zunächst nicht unabhängig überprüft werden