Bei der bisher schlimmsten Bluttat eines Todesschützen in der US-Geschichte sind in einem Homosexuellen-Klub in Florida 50 Menschen getötet und 53 verletzt worden. Nach dem Massaker in der Nacht auf Sonntag (Ortszeit) in der Stadt Orlando verdichteten sich die Hinweise , dass der Täter von der Terrormiliz "Islamischer Staat" (IS) inspiriert war. Homophobie könnte auch eine Rolle gespielt haben.

Angreifer arbeitete für Sicherheitsfirma G4S

Der mutmaßliche Urheber des Massakers hat für die weltgrößte Sicherheitsfirma G4S gearbeitet. Dies bestätigte ein Sprecher des britischen Unternehmens in der Nacht auf Montag. Der Mann seit seit 2007 für G4S tätig gewesen und habe im Dienst eine Waffe getragen. Er erwarb die Tatwaffen kurz vor der Tat legal, obwohl die US-Bundespolizei FBI schon 2013 und 2014 wegen möglicher IS-Verbindungen gegen ihn ermittelt hatte.

FBI: Bekenntnis zu IS

Nach Angaben des US-Bundeskriminalamts FBI bekannte er sich in einem Anruf bei der Polizei kurz vor der Bluttat zu der Terrorgruppe. Die Ermittlungsbehörden legten sich aber zunächst nicht auf ein Motiv fest. US-Präsident Barack Obama sprach von einem "Akt des Terrorismus und Akt des Hasses". Er ließ alle Fahnen an US-Bundesgebäuden auf Halbmast senken. Die Bluttat löste auch im Ausland Abscheu und Trauer aus.

Die Polizei identifizierte den Schützen am Sonntagnachmittag (Ortszeit) als Omar Mateen, einen 29-jährigen US-Bürger mit afghanischen Eltern. Er hatte gegen 2.00 Uhr das Feuer auf Besucher des Nachtklubs "Pulse" eröffnet. Etwa drei Stunden später wurde der mit einem Sturmgewehr vom Typ AR-15 und einer Handfeuerwaffe ausgerüstete Mann in einem Feuergefecht mit Polizisten getötet.

Der mutmaßliche Todesschütze Omar Mateen
Der mutmaßliche Todesschütze Omar Mateen © APA/AFP/myspace.com/HANDOUT

Wie bekannt wurde, arbeitete Mateen für eine Sicherheitsfirma in Florida und erwarb seine Waffen kurz vor der Tat legal. Das FBI habe ihn zwei Mal - 2013 und 2014 - wegen möglicher Verbindungen zum IS auf dem Radar gehabt, sagte ein Vertreter des Bundeskriminalamts vor Journalisten. Der Mann habe aber nicht unter Beobachtung gestanden.

Hass gegen Homosexuelle?

Nach Medienberichten wurde Mateen in New York geboren, lebte in Port St. Lucie in Florida und fuhr mit einem Mietauto ins rund 170 Kilometer entfernte Orlando. Obama sprach sichtlich erschüttert mit Blick auf die Wahl des Mordziels von einem "Anschlag auf uns alle und auf die fundamentalen Werte der Gleichheit und Würde, die unser Land definieren".

Full remarks: President Obama addresses the deadliest mass shooting in U.S. history https://t.co/6WfH5afFoShttps://t.co/KZt9ix9wtr

— CNN (@CNN) 12. Juni 2016

Der Vater des mutmaßlichen Täters sagte dem Sender MSNBC, er glaube nicht an ein religiöses Motiv. Stattdessen deutete er an, dass sein Sohn starke Antipathien gegen Homosexuelle gehegt habe. Omar sei einmal extrem ärgerlich geworden, als sich zwei Männer in der Öffentlichkeit geküsst hätten. "Sie tun das, und mein Sohn sieht zu", habe er gesagt.

Die Ex-Frau des mutmaßlichen Täters sagte der "Washington Post", ihr Mann sei eine instabile und gewalttätige Person gewesen. Es habe sie sehr oft geschlagen. Er sei nicht sehr religiös gewesen, sagte sie. Die beiden wurden 2011 geschieden.

In Orlando und dem Bezirk Orange wurde der Ausnahmezustand erklärt. Damit können schneller Bundesmittel für die Ermittlungen in die Stadt gelangen. Floridas Senator Marco Rubio und Behördenvertreter riefen zu Blutspenden auf. Schon kurz darauf bildeten sich an mehreren Orten der Stadt lange Schlangen von spendenbereiten Bürgern.

Anstehen fürs Blutspenden
Anstehen fürs Blutspenden © AP

Der Polizei zufolge hatte der Mann im Klub "Pulse" im Herzen Orlandos kurz vor Schließung zu schießen begonnen. Zunächst habe sich ein einzelner Polizist mit ihm ein Feuergefecht geliefert, dann seien zwei weitere Beamte hinzugekommen. Einer von ihnen sei verletzt worden. Der Schütze habe dann Geiseln genommen. Die Polizei habe sich nach ungefähr drei Stunden zu einer gewaltsamen Befreiung entschieden.

30 Geiseln wurden gerettet

Die Beamten verschafften sich eigenen Angaben zufolge unter anderem mit Hilfe eines Sprengsatzes Zugang zum Klub. Dieser ist laut Medienberichten keine große Halle, sondern ein verzweigtes Gebäude mit vielen Räumen.

Der Täter sei in der Nähe einer Eingangstür gewesen und in einem Feuergefecht getötet worden. "Mindestens 30 Geiseln konnten durch die Aktion gerettet werden", sagte der örtliche Polizeichef John Mina. Der Täter sei "sehr gut organisiert und vorbereitet gewesen".

Der Klub war Mina zufolge mit mehr als 300 Menschen gut besucht. Laut Medienberichten stand eine "Latin Night" auf dem Programm, eine Nacht mit lateinamerikanischer Musik. Nach Augenzeugenberichten fielen die Schüsse, als viele Menschen tanzten. Augenzeugen berichteten von Dutzenden Schüssen in schneller Folge - mindestens 40 seien es gewesen, sagte Christopher Hansen dem Sender CNN. "Ich dachte zuerst, es war Musik. Dann warfen sich die Menschen auf den Boden, und ich auch."

Viele flohen aus dem Gebäude. Das Fernsehen zeigte Opfer, die von Klub-Besuchern aus dem Gebäude gebracht und auf die Ladeflächen von Kleinlastern gelegt wurden. Manche hatten Blut auf ihrer Kleidung. In mehreren Städten, so in Washington, wurden die Sicherheitsvorkehrungen für am Sonntag geplante Schwulen-Paraden im Zuge des "Gay Pride Month" Juni verschärft. In Kalifornien nahm die Polizei im Vorfeld eines Festumzuges in Los Angeles einen Mann mit einem Waffenarsenal in seinem Auto fest. Es gebe aber keine Verbindung zu dem Massaker in Orlando, wurde betont.

Der Schock nach dem Massaker sitzt tief
Der Schock nach dem Massaker sitzt tief © AP

Die voraussichtliche Präsidentschaftskandidatin der Demokratischen Partei, Hillary Clinton, sagte eine für Mittwoch angesetzte Wahlkampfveranstaltung in Wisconsin wegen der Vorgänge in Orlando ab. Auch Präsident Obama, der bei dem Termin anwesend sein wollte, wird die Reise nicht antreten.

Papst Franziskus und der russische Präsident Wladimir Putin bekundeten Entsetzen und Anteilnahme. Papst Franziskus äußerte "Entsetzen und Schmerz über diese Manifestation sinnlosen Hasses", wie aus einer Mitteilung des Vatikan hervorgeht. Er hoffe, dass die Tat bald aufgeklärt werde. Der russische Präsident Wladimir Putin sprach von einem "barbarischen Verbrechen". Russland teile Schmerz und Trauer, betonte der Kremlchef in einem in Moskau veröffentlichten Telegramm an seinen US-Kollegen Obama. Er hoffe auf eine schnelle Genesung der Verwundeten.

Die schlimmsten Amokläufe in den USA

Dezember 2015: Im kalifornischen San Bernardino töten ein Mann und eine Frau 14 Menschen. Sie sterben später im Kugelhagel der Polizei. Es handelte sich um einen islamistischen Terrorakt.

Dezember 2012: Bei einem Amoklauf an einer US-Schule kommen in Newtown (Connecticut) 27 Menschen ums Leben, darunter 20 Kinder. Der 20-jährige Schütze tötet sich selbst.

Juli 2012: Während der Mitternachts-Preview eines "Batman"-Films tötet ein 24-Jähriger in einem Kino in Aurora (Colorado) zwölf Menschen. 70 werden verletzt.

November 2009: In der Militärbasis Fort Hood (Texas) tötet ein Armeepsychologe 13 Menschen und verletzt 42.

April 2009: In Binghamton (New York) erschießt ein Mann 13 Menschen in einem Verwaltungsgebäude.

April 2007: An der Technischen Universität von Virginia erschießt ein Student 32 Menschen und verletzt 15. Es ist das schlimmste Massaker an einer Schule in der Geschichte der USA.

20. April 1999: Zwei Schüler erschießen an der Columbine High School in Littleton (Colorado) zwölf Schüler und einen Lehrer und verletzen 24 Menschen. Die Täter nehmen sich das Leben.

16. Oktober 1991: Im Texanischen Killeen tötet ein Mann in einer Cafeteria 23 Menschen. Anschließend begeht er Suizid.

18. Juli 1984: In einem Schnellrestaurant in Kalifornien erschießt ein 41-Jähriger wahllos 21 Menschen. Er wird von einem Polizisten erschossen.

1. August 1966: Von einem Turm der Universität von Texas schießt ein Amokläufer mehr als eine Stunde lang auf Passanten. Mindestens 14 Menschen werden getötet.