Die in russischer Gefangenschaft gestorbene ukrainische Journalistin Wiktorija Roschtschyna ist laut Medienberichten gefoltert worden. Roschtschynas Leiche sei im Februar mit Anzeichen von Folter und fehlenden Organen an die Ukraine übergeben worden, berichteten mehrere Medien, darunter der „Spiegel“, die „Washington Post“ und die „Ukrainska Prawda“, am Dienstag unter Berufung auf ukrainische Ermittler.

Die 27-jährige Journalistin war 2023 verschwunden, als sie in der von Russland besetzten südostukrainischen Region Saporischschja zu mutmaßlichen russischen Foltergefängnissen recherchierte. Im April 2024 bestätigte Russland ihre Verhaftung, im September folgte dann die Nachricht von ihrem Tod.

Bei einer Obduktion von Roschtschynas Leiche fanden Mediziner „zahlreiche Zeichen von Folter und Misshandlung“, zitierten die Medien in ihrer am Dienstag veröffentlichten Recherche die Staatsanwaltschaft. Dazu gehörten eine gebrochene Rippe, Nackenverletzungen und mutmaßliche Spuren von Elektroschocks an den Füßen, erklärte der Leiter der Abteilung für die Untersuchung von Kriegsverbrechen bei der ukrainischen Generalstaatsanwaltschaft, Juri Belussow.

Leiche fehlten mehrere Organe

Zudem fehlten der Leiche nach Angaben aus Ermittlungskreisen mehrere Organe, darunter die Augen, der Kehlkopf und Teile des Gehirns. Möglicherweise sollten mit ihrer Entfernung Folterspuren vertuscht werden. Kiew rief die internationale Gemeinschaft zu einer Reaktion auf den Bericht auf. Das Problem der von Russland verschleppten und gefangen gehaltenen Zivilisten erfordere eine „sofortige und entschlossene Reaktion“, erklärte Außenministeriumssprecher Georgiy Tychy.

Tausende ukrainische Zivilisten werden in russischen Gefängnissen oder in besetzten ukrainischen Gebieten festgehalten. Laut NGOs und Medienberichten werden viele der Gefangenen gefoltert.Den Menschen sei seit einigen Monaten empfohlen worden, die Ortschaften freiwillig zu verlassen, ergänzte Lyssak. Betroffen sind demnach Orte nahe der Grenze zum Gebiet Donezk. Fast 400 Kinder seien bereits zuvor in Sicherheit gebracht worden, hieß es. Die Entscheidung sei unvermeidlich gewesen, weil Russland Bomben und Drohnen auf die Menschen gelenkt habe, schrieb Lyssak. Seinen Angaben nach wird die Zwangsevakuierung einen Monat dauern. Die Ukraine verteidigt sich seit mehr als drei Jahren mit westlicher Hilfe gegen eine russische Invasion.

Zwölfjährige starb am Weg in Spital

Bei nächtlichen russischen Angriffen ist ein zwölfjähriges Mädchen getötet worden, teilte der ukrainische Rettungsdienst mit. Die Eltern des Kindes seien verletzt worden. Anrainer zogen das zwölfjährige Mädchen in der Region Dnipropetrowsk aus den Trümmern, doch es starb auf dem Weg ins Krankenhaus. Zwei Erwachsene und ein sechsjähriges Mädchen seien bei dem Vorfall in der Gemeinde Hubynyskij zudem verletzt worden, teilte der Militärgouverneur der Region, Serhij Lyssak, mit. Er berichtete außerdem von einer weiteren Verletzten sowie Schäden an Privathäusern und Infrastruktur an anderen Orten des Gebiets. In der Stadt Nikopol, ebenfalls in der Region Dnipropetrowsk, wurde laut einem lokalen Beamten eine 47-jährige Frau verletzt.

Zwei Tote in Belgorod durch ukrainische Attacken

Im russischen Gebiet Belgorod wurden zwei Menschen bei einem ukrainischen Drohnenangriff getötet. Drei weitere seien verletzt worden, schrieb der Gouverneur des Gebiets, Wjatscheslaw Gladkow, bei Telegram. Ein Auto mit fünf Insassen auf einer Autobahn sei getroffen worden, teilte Gladkow mit. Drei weitere Menschen seien verletzt worden. Insgesamt berichtete die ukrainische Luftwaffe von 100 Drohnen, die die russischen Streitkräfte auf die Ukraine abgefeuert hätten. Russland seinerseits sprach davon, 91 ukrainische Drohnen abgefangen zu haben. Angesichts der vorrückenden russischen Truppen werden im ukrainischen Gebiet Dnipropetrowsk sieben Dörfer in Frontnähe zwangsweise evakuiert. Noch 26 Kinder seien dort und müssten nun gemeinsam mit ihren Angehörigen evakuiert werden, schrieb der Militärgouverneur der Region, Serhij Lyssak, am Dienstag auf Telegram.

20 Verletzte in Charkiw, 16 in Horliwka

Am Dienstagabend wurden durch einen russischen Drohnenangriff auf die ukrainische Großstadt Charkiw nach Behördenangaben mindestens 38 Menschen verletzt. „In der Stadt sind Explosionen zu hören“, schrieb Bürgermeister Ihor Terechow auf Telegram. Mehrere Stadtteile seien von den Angriffen betroffen, darunter „ein Hochhaus (...) Privathäuser, eine medizinische Einrichtung und zivile Infrastruktur“. Eine Kampfdrohne iranischer Bauart sei neben einem Krankenhaus eingeschlagen. Charkiw, vor dem Krieg eine Millionenstadt, liegt im Osten der Ukraine dicht an der russischen Grenze. Die Stadt ist deshalb besonders häufig von russischen Luftangriffen betroffen.

Nach Angaben der ukrainischen Luftwaffe griffen Drohnen auch die Städte Dnipro und Krywyj Rih sowie das Gebiet Cherson an. In Dnipro wurde nach Angaben von Gebietsgouverneur Serhij Lyssak mindestens ein Mensch getötet. Es gebe mehrere Brände in der Stadt.

Die russische Besatzungsverwaltung des Gebietes Donezk wiederum meldete 16 Verletzte nach einem angeblichen ukrainischen Artillerieangriff auf die Stadt Horliwka. Demnach habe die ukrainische Armee den wichtigen Eisenbahnknotenpunkt mit Raketenartillerie geschossen. Die Angaben ließen sich zunächst nicht unabhängig bestätigen.

Gegenseitige Drohnenangriffe

Die russischen Streitkräfte hatten nach Angaben der ukrainischen Luftwaffe in der Nacht 100 Drohnen auf die Ukraine abgefeuert. 37 Drohnen habe die Flugabwehr abgeschossen, teilte die Luftwaffe auf Telegram mit. 47 weitere Drohnen seien vom Radar verschwunden, ohne ihre Ziele zu erreichen. In der Regel ist die Ursache dafür die Störung durch elektronische Luftabwehrsysteme - also Störsender. Die Angriffe hätten in den Regionen Charkiw, Donezk, Dnipropetrowsk und Kiew Schäden verursacht.

Nach Angaben des russischen Verteidigungsministeriums zerstörte die russische Luftabwehr in der Nacht 91 ukrainische Drohnen. Davon seien allein 40 Drohnen über der an die Ukraine grenzenden Region Kursk abgeschossen worden, teilte das Ministerium in Moskau mit. Zwei Drohnen seien über der Region Moskau abgefangen worden, die übrigen über west- und südrussischen Regionen sowie über der annektierten Halbinsel Krim. Das Ministerium machte in seiner Erklärung auf dem Kurznachrichtendienst Telegram keine Angaben, ob es zu Schäden durch die Drohnenangriffe gekommen ist. Auch nannte es nur die Zahl der zerstörten Drohnen, nicht aber die Gesamtzahl der Drohnen, mit denen die Ukraine Angriffe gestartet hat.

In die Region Kursk waren ukrainische Truppen vor mehr als acht Monaten bei einer überraschenden Gegenoffensive vorgedrungen. Der russische Präsident Wladimir Putin hatte am Wochenende erklärt, die russische Armee habe die ukrainischen Streitkräfte aus der Region wieder vollständig zurückgedrängt.

Etwa 600 nordkoreanische Soldaten im Krieg getötet

Nach Angaben eines südkoreanischen Abgeordneten liegt die Zahl der für Russland im Ukraine-Krieg gefallenen nordkoreanischen Soldaten bei etwa 600. Über 4.000 nordkoreanische Soldaten, die an der Seite Russlands kämpften, seien laut Schätzungen verletzt worden, sagte der Abgeordnete Lee Seong-kweun am Mittwoch in Seoul vor Journalisten. Das Mitglied des Geheimdienstausschusses des südkoreanischen Parlaments hatte zuvor an einem Geheimdienst-Briefing teilgenommen.

Die Leichen der Gefallenen seien in der russischen Grenzregion Kursk eingeäschert worden und nach Nordkorea überführt worden. Rund 2.000 nordkoreanische Soldaten seien bereits wieder nach Nordkorea zurückberufen worden. Sie würden sich an verschiedenen Orten im Land aufhalten und seien unter Isolation gestellt worden, fügte Lee unter Berufung auf Berichte hinzu.

Insgesamt habe Pjöngjang Moskau in Kursk in bisher „in zwei Phasen“ mit 18.000 Soldaten unterstützt. In den vergangenen Wochen sei in der Region weniger gekämpft worden. Seitdem habe es mehrere Berichte über Vorfälle von „Fehlverhalten“ nordkoreanischer Soldaten gegeben, darunter exzessiver Alkoholkonsum und Diebstahl, sagte Lee weiter.

Offizielle Bestätigung

Nordkorea hatte am Montag erstmals den Einsatz seiner Truppen im Ukraine-Krieg bestätigt. Die staatliche Nachrichtenagentur KCNA meldete, dass die nordkoreanischen Soldaten Russland dabei unterstützt hätten, von der Ukraine kontrollierte Gebiete in der russischen Grenzregion Kursk zurückzuerobern.

Am Wochenende hatte bereits Russland die Beteiligung Nordkoreas bestätigt und die Rückeroberung der gesamten Region gemeldet. Die Ukraine erklärte hingegen, ihre Armee kämpfe weiterhin in Kursk. Der russische Präsident Wladimir Putin bezeichnete den Einsatz nordkoreanischer Soldaten in Kursk am Montag als „Heldentat“. Südkoreanische und westliche Geheimdienste hatten Nordkorea vorgeworfen, im vergangenen Jahr mehr als 10.000 Soldaten nach Russland entsandt zu haben.