Noch nicht einmal ein Jahr ist es her, da gab sich die jüngste Parlamentspartei optimistisch: "Wir werden weiterwachsen und noch mehr Menschen mit unserer Vision überzeugen", erklärte Parteichefin Beate Meinl-Reisinger im Juni 2022; "Wir haben also noch viel zu tun, die politische Erneuerung Österreichs ist nicht abgeschlossen."

Einige Monate später müssen die Pinken nun plötzlich, statt weiterzuwachsen, lernen, wie man mit herben Niederlagen umgeht: Nicht nur, dass man in Kärnten im März den Einzug in den Landtag verpasst hat, nun müssen sich die Neos auch noch erstmals in ihrer Geschichte wieder aus einem Landtag verabschieden.

Schmerzhafter Fall

In Salzburg, dem ersten Land, in dem die Partei Teil einer Landesregierung war, stürzte sie am Sonntag von 7,3 auf 4,2 Prozent der Stimmen – und damit unter die 5-Prozent-Hürde. Landeschefin Andrea Klambauer ist daraufhin abgetreten – erst 2021 war sie auf Hotelier Josef Schellhorn gefolgt.

"Schmerzhaft" nennt das Meinl-Reisinger – nicht zuletzt wohl auch, weil die Kleinpartei auch in jenen sechs Bundesländern, wo sie im Landtag vertreten ist, kaum wo deutlich mehr Stimmen hat als in Salzburg: Zwischen 4,2 Prozent in Oberösterreich und 8,5 Prozent in Vorarlberg reicht die Spanne.

Die Ursachen für den Absturz in Salzburg sieht Politikwissenschaftler Peter Filzmaier gemischt: Neben regionalspezifischen Gründen – "verdammt viel parteiinterner Streit"– hätten passende Themen gefehlt: "Sich Kontrolle auf die Fahnen zu heften, funktioniert nicht, wenn ich selbst in der Landesregierung sitze", sagt Filzmaier. Und das pinke Wunschthema Bildung sei in der medialen Debatte "praktisch inexistent".

"Weniger Staat hilft in Krisenzeiten nicht"

Andere Herausforderungen kann man in der liberalen Partei durchaus auch über Salzburg hinaus extrapolieren: Die Neos würden etwa überdurchschnittlich häufig von Menschen mit überdurchschnittlich hohem Einkommen gewählt. Wenn aber vier von fünf Salzburgerinnen und Salzburgern angeben, sich das Leben immer weniger leisten zu können, gehen Neos die Wählerinnen und Wähler abhanden.

Umso mehr, da die der Marktwirtschaft verschriebenen Pinken beim Kampf gegen die steigenden Preise vergleichsweise wenig glaubwürdig wirken: "Eigentlich sind die Neos am meisten für weniger Staat", sagt Filzmaier – in Krisenzeiten helfe das nicht. Das sagen auch einzelne Funktionäre, wenn man sie auf die Niederlagen anspricht: Mit liberalen Themen wie Kürzungen bei Förderungen oder im Pensionssystem seien momentan kaum Meter zu machen. Darüber hinaus fehle der Partei auch der Mut, solche Positionen offensiv "zu trommeln".

Offene Kritik an der Parteiführung gibt es bisher kaum. Manager Veit Dengler, gemeinsam mit Matthias Strolz einer der Gründer der Partei, diagnostiziert zwar "zu viel Fokus auf den Wiener Politbetrieb und fordert klarere Kommunikation", streut der bis 2024 gewählten Meinl-Reisinger aber Rosen, sie sei "ein anderes Kaliber" als Klambauer in Salzburg.