Er sei "der letzte Mohikaner" der Grünen, nannte ORF-Journalistin Helma Poschner den grünen Spitzenkandidaten für die EU-Wahl, Werner Kogler, zu Beginn der Pressestunde am Sonntag. Kogler widersprach: "Es gibt eine starke Bewegung zurück zu den Grünen." Aber die Niederlage bei den Nationalratswahlen schmerze natürlich immer noch: "Ich lasse mich von guten Umfragen sicher nicht mehr täuschen."

Als Ziel für die EU-Wahl haben sich die Grünen zwei Mandate vorgenommen: "Die Grünen müssen wieder rein. Das ist eine Schicksalswahl für uns." Presse-Chefredakteur Rainer Nowak fragte, warum die Grünen dafür auch auf Sarah Wiener setzen: "Eine Seitenblicke-TV-Köchin hätten die Grünen früher nie aufgestellt."Kogler verteidigte seine Listenzweite: "Ihr Thema ist eine Agrarrevolution in Europa. Solche Leute hätten wir viel früher zu uns holen. Sie ist eine Riesenverstärkung und hat enorm viel Fachkompetenz und Leidenschaft."Eigentlich müssten die Grünen in den Umfragen ja abheben, der Klimawandel sei schließlich Thema Nr. 1 - warum die Grünen sich dann nicht mehr bei den Klimademos der Schüler engagieren, wollte Nowak wissen. Kogler argumentierte, dass die Grünen die streikenden Schüler nicht vereinnahmen wolle: "Aber wir helfen und unterstützen, wo wir können."

Er führe aber ohnehin einen "Klimawahlkampf" sagte Kogler. Bis 2030 sollen nur noch emissionsfreie Pkw zugelassen werden, in das Eisenbahnnetz müsse mehr investiert werden, das Fliegen teurer werden. Ob er die Menschen damit nicht überfordere, wollten die Journalisten wissen. "Die Menschen können das selbst entscheiden. Es braucht aber eine Ökologisierung der Wirtschaft", darauf Kogler.

Kogler stockte kurz in seinem Redefluss, als er gefragt wurde, ob Europa Klimaflüchtlinge aufnehmen solle. "Da und dort wird es das natürlich brauchen, nicht nur in Europa", meint er dann. Doch deshalb müssten Fluchtursachen bekämpft und in den Klimaschutz investiert werden. Österreich müsse auch mehr in Entwicklungszusammenarbeit investieren: "Andere Länder tun da viel mehr."

"Unter einem Schüssel wäre das nie passiert"

Kogler kritisierte Kanzler Sebastian Kurz heftig. Er warf ihm "Rückgratlosigkeit" vor. Beim Kanzler stehe der blanke Populismus im Vordergrund: "Die ÖVP war einmal eine pro-europäische Partei. Davon ist nichts mehr übrig. Dem Kanzler ist überhaupt nichts mehr heilig. Unter einem Schüssel wär das nie passiert." Übereinstimmen würde er aber mit Kurz, das Österreich nicht unbedingt einen Kommissar brauche.

Seine Vision für Europa sehe die Bürger und das Parlament im Zentrum einer "Republik Europa", sagte Kogler. Die EU solle friedensstiftend und eine Sozialunion sein, dafür müsse sie aber demokratischer werden.

"Von Voggenhuber kann man viel lernen"

Anders als zu Kurz kam Kogler zu Johannes Voggenhuber von "1 Europa" kein böses Wort über die Lippe. Er habe immer noch ein sehr gutes Verhältnis zu dem ehemaligen grünen EU-Abgeordneten: "Von ihm kann man viel lernen. Ich glaube aber, dass er falsch beraten war. Das tut ihm jetzt wahrscheinlich auch schon leid."

Zu seiner Nachfolge als grüner Bundessprecher wollte sich Kogler nicht festlegen: "Es gibt viele Optionen." Entscheiden werde sich die Nachfolge erst in zwei Jahren. Er hoffe aber, dass sich Menschen wie Sigrid Maurer weiter stark bei den Grünen engagieren.