Die Gewerkschaft stellt sich neu auf: Sowohl die Spitze von ÖGB als auch jene von Arbeiterkammer und Fraktion sozialdemokratischer Gewerkschafter wird im Frühling neu besetzt. Das traditionelle Tauziehen zwischen den beiden größten Einzelgewerkschaften - den Produktionsbeschäftigten (unter anderem die Metaller) und den Privatangestellten (GPA) - ging diesmal zugunsten der GPA aus.

Die beiden wesentlichen Entscheidungen waren schon vor zwei Wochen durchgesickert: Der FSG- und GPA-Vorsitzende Wolfgang Katzianwird den Posten des ÖGB-Präsidenten übernehmen. Er folgt damit Erich Foglar (Produktionsgewerkschaft PRO-GE) nach. Offiziell über die Bühne geht die Wahl im Juni beim ÖGB-Bundeskongress. Heute wurde die Nachfolge offiziell gemacht.

Wolfgang Katzian wird im Rahmen des ÖGB-Kongresses Mitte Juni gewählt. Bis dahin will sich der neue Gewerkschaftschef in Interviews oder ähnlichem nicht zu seiner künftigen Funktion äußern. Allerdings stellte er bei der Pressekonferenz Dienstagvormittag klar, dass er im Umgang mit der Regierung zunächst einmal auf Dialog setzen will: "Ich bin ein Mensch, der den Dialog bevorzugt. Ich gehe nicht zuerst auf die Barrikaden sondern zum Heurigen."

"Notfalls Widerstand"

Allerdings machte Katzian auch klar, dass es die Gesprächsbereitschaft der Gewerkschaft nicht um jeden Preis geben wird: "Wenn es jemanden gibt, der uns diese Bereitschaft zum Dialog als Schwäche auslegt, werden wir - wenn notwendig - auch in den Widerstand treten."

Wolfgang Katzians Designierung zum ÖGB-Präsidenten bedeutet, dass der Gewerkschaftsbund künftig von einem echten Schwergewicht gelenkt wird. Dass der 61-Jährige das Amt übernimmt, ist keine Selbstverständlichkeit. Seine derzeitigen Posten als Chef der Fraktion sozialdemokratischer Gewerkschafter und Vorsitzender der größten Einzelgewerkschaft GPA waren eigentlich noch einflussreicher.

Wolfgang Katzian und Renate Anderl sind neue Chefs für ÖGB und AK

Das Amt des ÖGB-Präsidenten gilt in der Gewerkschaftswelt eigentlich mehr als Repräsentationsjob. Die wahre Macht, so heißt es, läge bei den Vorsitzenden der großen Teilorganisationen wie eben der GPA oder der ehemaligen Metallergewerkschaft "PRO-GE". Katzian wird wohl antreten das zu ändern. Schon seit einem Jahrzehnt wirbt er für eine Neuaufstellung des Gewerkschaftsbunds mit dem Ziel einer Stärkung der Zentrale. Es ist zu erwarten, dass sich der ÖGB mit ihm an der Spitze noch stärker als Gegengewicht zur türkis-blauen Regierung in Stellung bringen wird.

Frau an der AK-Spitze

Neue Präsidentin der Arbeiterkammer wird Renate Anderl- sie wird Nachfolgerin von Rudolf Kaske. Anderl ist Vizepräsidentin des ÖGB, auch Frauenvorsitzende und politisch Mitglied des Bundesrates. Sie ist nach Lore Hostasch erst die zweite Frau an der Spitze der AK.

Renate Anderl
Renate Anderl © APA/GEORG HOCHMUTH

Arbeiterkammer-Präsident Kaske zieht sich aus privaten Gründen mit Ende März in den Ruhestand zurück.  Neue ÖGB-Vizepräsidentin wird Korinna Schumann.

Informell ebenfalls bereits entschieden ist, dass die 40-jährige GPA-Regionalgeschäftsführerin Barbara Teiber Katzian an der Spitze der Gewerkschaft der Privatangestellten folgen wird.

Sämtliche Weichenstellungen hat die Fraktion sozialdemokratischer Gewerkschafter heute in einer Pressekonferenz kundgetan. Zwar müssen Katzian und Anderl in den jeweiligen Gremien noch gewählt werden, jedoch ist angesichts der Mehrheitsverhältnisse die Kür sowohl im ÖGB als auch in der AK nur noch Formsache.

Den Vorsitz über die Fraktion der Sozialdemokratischen Gewerkschafter (FSG) soll der Metaller Rainer Wimmerübernehmen. Wimmer ist ein Kompromisskandidat, nachdem zwei Steirer sich offenbar gegenseitig ausgehebelt hatten: Beppo Muchitsch (Bau-Holz) und Roman Hebenstreit (Vida).