Am Donnerstagnachmittag kehrte das Katastrophenhilfsteam des Bundesheeres von seinem Einsatz im Erdbebengebiet zurück. Applaus brandete am Rollfeld auf, als die mehr als 80 Soldatinnen und Soldaten, Bergretter und Hundeführer die AUA-Maschine verließen. Die AFDRU-Einheit konnte in der durch vom Erdbeben schwerst zerstörten türkischen Stadt Antakya immerhin neun Menschen lebend aus dem Trümmermeer retten.

Für viele schwer vorstellbar ist ein ähnliches Szenario in Österreich. Zwar registrieren die Netzwerke der Geosphere Austria mehrere Hundert Erschütterungen pro Jahr, ein Beben mit der Intensität 7 oder höher gab es zuletzt am 16. April 1972 in Seebenstein (NÖ). Das schwerste bekannte Beben auf österreichischem Boden liegt fast schon 700 Jahre zurück. Die Erdstöße im Jänner 1348 mit Epizentrum im Friaul verursachten jenen gewaltigen Bergsturz, der dem Dobratsch sein heutiges Aussehen verlieh.

Eingeübte Mechanismen

Alarmpläne speziell für Erdbeben liegen hierzulande nicht in den Schubladen der Behörden, bestätigt Harald Eitner, Leiter des Katastrophenschutzes in der Steiermark. Dafür sei das Ereignis zu selten, außerdem unterscheide sich das Vorgehen im Prinzip kaum von bekannten Schadenslagen wie bei Muren oder Lawinen. Daher greifen die lange eingeübten Mechanismen: "Die Erstreaktion erfolgt auf lokaler Ebene, da jede Gemeinde für die örtliche Gefahrenabwehr zuständig ist und mit den Feuerwehren und Rettungsdiensten auch über örtliche Einsatzmittel verfügt", heißt es aus dem Innenministerium.

Die im Katastrophenfall formell zuständigen Länder würden nach einem Erdbeben wohl das Bundesheer um Assistenz ersuchen. Dort hat man nicht nur die Spezialisten von AFDRU, den Pionieren und der ABC-Abwehr, Soldaten könnten vorübergehend auch sicherheitspolizeiliche Aufgaben übernehmen. Um an zusätzliche Bagger und Lkw zu kommen, ermächtigt das Katastrophenhilfsgesetz den Behörden zudem den Zugriff auf Ressourcen der privaten Bauwirtschaft.

Sicher bauen

Wie man sich bei Erdbeben richtig verhält, hat das Innenministerium in einem Ratgeber kompakt zusammengefasst (Link hier). Auf den 36 Seiten finden sich auch wichtige vorbeugende Maßnahmen. Eine der effektivsten davon ist sicheres Bauen. "In Österreich gilt unter anderem der sogenannte Eurocode 8", erklärt der aus dem TV bekannte Bausachverständige Günther Nussbaum. "Bei größeren Bauvorhaben wie Wohnbauten wird meist ein Prüfingenieur für eine 'Bewehrungsbeschau' vorgeschrieben." Bei einer Bewehrung handelt es sich um die Verstärkung von Betonbauteilen, um deren Tragfähigkeit und Belastbarkeit zu erhöhen. Bei Einfamilienhäusern ist diese Beschau meistens jedoch nicht vorgeschrieben. "Hier muss der Bauführer am Ende der Behörde gegenüber bestätigen, dass alles widmungskonform errichtet wurde, hierzu zählt auch die Einhaltung der entsprechenden bautechnischen Standards", so der Experte.

Nussbaum
Bauexperte Günter Nussbaum
© Jan Frankl

Das liege auch daran, dass bei Einfamilienhäusern die Kosten von Expertengutachten in einer anderen Relation zueinander stehen als im Wohnbau. "Solche Gutachten kosten schnell einmal 5000 bis 10.000 Euro. Bei einer Bausumme von drei Millionen Euro ist das natürlich etwas anderes, als wenn die Bausumme 300.000 Euro beträgt", führt Nussbaum aus.