Es wird eng auf den Radwegen der Hauptstadt. Der Fahrradboom der Pandemie hält an und es drängen stets neue Fortbewegungsmittel auf die Streifen. Am präsentesten sind wohl E-Scooter. Im Privatbesitz wächst auch ihre Zahl seit der Pandemie schnell, das Leihmodell per App feiert dieser Tage seinen vierten Geburtstag. Über die Jahre haben die Scooter ihren Platz in Gesetzen und Verordnungen gefunden. Verleiher Lime etwa bezeichnet das aktuelle Regelwerk als „solide Basis“.
Lime buhlt derzeit mit vier anderen Betreibern um Kundschaft. Etwas mehr als 7000 Roller sind in Wien stationiert. Mit Unterschieden in Kosten, Reichweite und Geschwindigkeit ist das Konzept dasselbe. Auffinden per App, entsperren mit QR-Code, losdüsen, abstellen, bezahlen.

Jetzt sollen die Regeln angepasst werden. Aus dem Büro von Verkehrsstadträtin Ulrike Sima (SPÖ) heißt es, noch heuer werde ein Paket auf den Weg gebracht. Was dieses beinhalten soll und welche Probleme sie damit lösen will, war nicht zu erfragen. Probleme gäbe es aber genug.

Grundsätzlich sind die Roller im Verkehr - egal ob geliehen oder gekauft - Fahrrädern und E-Bikes gleichgestellt. Das heißt, Fahrverbot am Gehsteig, Höchstgeschwindigkeit von 25 km/h, Alkoholgrenze von 0,8 Promille. Im Alltag hält sich nicht jeder an die vorgegebenen Regeln. Rund 15 Prozent der Scooterfahrer würden auch am Gehsteig fahren, schätzte Klaus Robatsch, Forschungsleiter von Kuratorium für Verkehrssicherheit (KfV) bei einem Pressegespräch Ende August. Zudem dokumentiert die Polizei einen oft laschen Umgang mit dem Regelwerk. Die häufigsten Delikte betreffen zu schnelles Fahren (Leihgeräte sind jedoch bei höchstens 25 km/h gedrosselt), das Überfahren von roten Ampeln oder Alkohol am Lenker.

Hürdenlauf über abgestellte Scooter

Die Problematik beim Abstellen hingegen geht über das Bewusstsein hinaus. Fürs korrekte Parken am Gehsteig bräuchte man ein Maßband, eigens geschaffene Abstellflächen sind in der Pilotprojektphase hängen geblieben und die Betreiber müssen sie erst nach einer Beschwerde wegräumen. So gehört der über Scooter steigende Fußgänger mittlerweile zum Stadtbild.

Sicherheitsexperte und Betreiberfirma sind sich einig, dass hier die Lösung im Platz liegt: „Die Radinfrastruktur ist viel zu schlecht und zu schmal“, sagt Klaus Robatsch. Lukas Windler von Lime formuliert es so: „Das grundsätzliche Problem in Wien ist der Mangel an öffentlichem Freiraum und der übermäßige Flächenverbrauch durch das private Auto.“ Gäbe es mehr Abstellflächen, könnten die Nutzer zum dortigen Parken verpflichtet werden.

Unterdessen rühmt sich die Stadt mit 17 Kilometer neuen Radwegen, die heuer ausgebaut werden und wurden. Vieles davon sind für Fahrräder geöffnete Einbahnen, tatsächlich neue Radwege machen nur rund zehn Kilometer aus. Und für eine „Klimamusterstadt“, wie sich Wien nennt, müssen dafür erstaunlich viele Gehwege und Grünflächen, statt Autospuren und Parkplätzen dran glauben.