Nachhaltiger Konsum ist bei vielen Menschen in Österreich sehr wohl ein Thema, scheitert aber noch allzu oft an vermeidbaren Hindernissen: "Die größten Hürden sind etwa fehlende klare Kennzeichnung von nachhaltigen Lebensmitteln, ein Wirrwarr an Gütezeichen und schwierige bis unmögliche Reparaturen", sagte Johanna Bürger, Konsumforscherin der Arbeiterkammer (AK) Wien, bei einer Pressekonferenz. Eine Rolle spielt freilich auch das Einkommen.

Die AK hat rund 600 Personen zum nachhaltigen Konsum bei Lebensmitteln, Reisen und Haushaltsgroßgeräten befragt, die Daten stammen aus 2019 bis 2020. Demnach kauft fast jeder Zweite gezielt Bio- oder Fairtrade-Produkte. Die Mehrheit befürwortet Maßnahmen wie das Plastiksackerlverbot. Drei von vier Befragten meinen, es gibt zu viele Gütezeichen. "Urlaub auf Balkonien" hat laut der Erhebung meist finanzielle Gründe. Aber ein Drittel hat das Reiseverhalten durch die Klimadebatte verändert.

Es brauche Regeln, um nachhaltigen Konsum leichter zu machen, fasste Gabriele Zgubic, Leiterin der Abteilung Konsumentenpolitik der AK Wien, zusammen. Wichtig sei Schutz vor "Greenwashing" – wenn sich Unternehmen nur "einen grünen Anstrich" verpassen. Für Gütesiegel sollte es einheitliche Kriterien und unabhängige Kontrolle geben. Beim Lieferkettengesetz sollten Konsumentinnen und Konsumenten sicher sein können, dass sie Waren kaufen, die ohne Menschenrechtsverletzungen und Umweltzerstörung hergestellt wurden. Zudem wird ein Recht auf Reparaturen gefordert.

Boykottieren oder Buykottieren 

Details aus der Studie: 65 Prozent der Befragten kaufen gezielt regionale Lebensmittel. "Haushalte mit geringeren Haushaltseinkommen kaufen weniger Bio- oder Fairtrade-Lebensmittel ein", sagte Johanna Bürger. "Gleichzeitig achten diese Haushalte aber auch mehr auf Nachhaltigkeit bei Haushaltsgroßgeräten, verwenden eher Zug als Flugzeug und schmeißen weniger genießbare Lebensmittel weg." Boykottieren (gezielter Nicht-Kauf) oder Buykottieren (gezielter Kauf) betreibe bei Lebensmitteln ein Drittel regelmäßig.

Das finden viele Menschen in Österreich gut: Verbot von Plastiksackerln (84 Prozent), eine Verpflichtung, abgelaufene, genießbare Lebensmittel günstiger oder gratis abzugeben (91 Prozent), Pestizidverbot (89 Prozent) sowie Mehrweg-Pfandsysteme (85 Prozent). 73 Prozent wünschen mehr Auswahl im Bio-Sortiment, nur 15 Prozent eine Vergrößerung des Produktsortiments generell.

Wer nicht in den Urlaub fährt, nennt als häufigsten Grund die Finanzen (fast 70 Prozent). Der Zug wird eher von armutsgefährdeten Personen gewählt, das Auto von Personen mit mittlerem bis hohem Einkommen und das Flugzeug besonders häufig von Personen mit hohem Einkommen. Ein Drittel versicherte, das Reiseverhalten durch die Klimadebatte bereits verändert zu haben: durch Verzicht auf Flugreisen, Nützung öffentlicher Verkehrsmittel oder näher gelegene Destinationen.

Die Bereitschaft, Haushaltsgroßgerätereparieren zu lassen, bewegt sich zwischen 40 und 70 Prozent. Gewünscht werden Gütesiegel für die Lebensdauer (75 Prozent) und Reparierbarkeit (77 Prozent), Garantie-Verlängerung auf fünf Jahre (86 Prozent) sowie eine Verpflichtung zur Bereitstellung von Ersatzteilen und Software-Updates über zehn Jahre (82 Prozent). "Auf Nachhaltigkeit bei Haushaltsgroßgeräten setzen vor allem ältere Personen und Haushalte mit Kindern, weniger hingegen Personen mit höherem Einkommen", so Bürger.

Ein Weg gegen den Missbrauch von Nachhaltigkeit als reines Marketinginstrument sei eine zentrale Datenbank für Green Claims nach dem Vorbild der Health-Claims-Datenbank der EU. Angaben wie "CO₂-reduziert" oder "klimafreundlich" könnten dann an wissenschaftliche Kriterien geknüpft werden. Weiters sollten unabhängige Reparaturbetriebe gefördert werden. Für von Haus aus langlebigere Waren solle die Gewährleistungsfrist je nach Produktgruppe von derzeit zwei auf mindestens fünf Jahre verlängert werden.