Seit 1. September müssen sich Personen, gegen die von der Polizei ein Betretungs- und Annährungsverbot ausgesprochen wurde, verpflichtend beraten lassen. In fünf Bundesländern – Wien, Niederösterreich, Burgenland, Steiermark und Oberösterreich – bietet der Verein "Neustart", der seit mehr als sechs Jahrzehnten in der Straffälligenhilfe tätig ist, diese verpflichtende Gewaltpräventionsberatung im Auftrag des Innenministeriums an. In den vergangenen drei Monaten wurden bereits mehr als 2.000 Personen zugewiesen.

„Es geht um Deeskalation in einer hoch brisanten Situation. Unser oberstes Ziel ist, die Gewalt zu stoppen und Opfer, überwiegend sind das Frauen und Kinder, zu schützen“, sagt Christoph Koss, Geschäftsführer von "Neustart". „Denn Täterarbeit ist Opferschutz.“

Wird bei einem Streit, einer Drohung oder bei Ausübung von körperlicher Gewalt die Polizei alarmiert, kann diese ein Betretungs- und Annäherungsverbot aussprechen. Die weggewiesene Person – 90 Prozent davon sind Männer – hat dann fünf Tage Zeit, sich mit einer Beratungsstelle für Gewaltprävention in Verbindung zu setzen und einen Termin für ein Beratungsgespräch zu vereinbaren. „Wir waren positiv überrascht, dass sich die überwiegende Mehrheit während der Frist meldet“, sagt Koss. Den verpflichtenden ersten Kontakt kurz nach dem Vorfall hält er für wichtig. „Da haben wir die besten Chancen, an einer Verhaltensänderung zu arbeiten.“

In den Beratungen werden zunächst die unmittelbaren Auswirkungen der Tat thematisiert. „Es geht darum, das Unrecht klar zu machen und daran zu arbeiten, in Zukunft Konflikte gewaltfrei zu lösen“, sagt Koss. „Wir arbeiten ganz stark an der Motivation, das gewalttätige Verhalten zu ändern und vermitteln bei Bedarf nach den verpflichtenden sechs Stunden weiterführende Therapien, Beratungen oder Anti-Gewalt-Trainings.“

„Deshalb arbeiten wir engmaschig mit Polizei, Opferschutzeinrichtungen, Frauenhäusern, Kinder- und Jugendhilfe, Gewaltschutzeinrichtungen und Männerberatungen zusammen“, sagt Koss. „Dieses Netzwerk ist ganz entscheidend bei opferschutzorientierter Täterarbeit.“ Wichtig sei außerdem der Ausbau von weiterführenden Beratungs- und Therapieangeboten, damit unmittelbar nach den verpflichtenden sechs Stunden auf freiwilliger Basis weitergearbeitet werden kann.