Rosa Logar von der Wiener Interventionsstelle gegen Gewalt in der Familie sah nach dem Runden Tisch "eine Chance auf mehr Investitionen in die Gewaltprävention". Es wäre ein Investitionsschub, der als Konjunkturpaket gesehen werden könne. Es gebe genug hoch qualifizierte Frauen für das Berufsfeld. Das Ziel sei die Entlastung der Opfer, die derzeit bis zu zehn Behörden "abklappern" müssten. Ideal wäre ein "One-Stop-Shop"-Prinzip.

Noch fehlt ein nationaler Aktionsplan für Österreich - im Gegensatz zu anderen EU-Staaten - und daher würde man auch 228 Millionen fordern, die zur Umsetzung der "Istanbul Konvention" nötig wären. Bereits im Februar des Vorjahres forderte die Allianz "Gewaltfrei leben", ein Zusammenschluss von mehr als 40 Gewaltschutz-Organisationen, eine Erhöhung des Gewaltschutz- und -präventionsbudgets auf über 200 Millionen Euro, um die Gewaltschutz-Empfehlungen der Konvention zu realisieren. Die aktuelle Situation ist laut der Geschäftsführerin prekär: "Für uns als Interventionsstelle ist vorrangig, dass wir die Opfer nur kurzfristig beraten können, was ganz fatal ist", so Logar. Da könne man nicht einmal dort ansetzen, wo Gewalt aktuell geschehe. "Ich hab klar gesagt, wie brauchen ein Verdoppelung", was 40 statt 20 Vollzeitstellen im Falle der Interventionsstelle bedeuten würde - und zwar sofort.

Grundsätzlich brauche es für Gewaltopfer eine koordinierte Hilfe, derzeit müsse man in dieser belastenden Situation bis zu zehn Stellen "abklappern". Den Rahmen müsse die Regierung bieten, die System würden die Menschen überfordern, es brauche effektive, entlastende und familienfreundliche Hilfe, "Opfer sollen nicht belastet , sondern entlastet werden", sonst würden diese zum Teil aussteigen. Ideal wäre ein "One-Stop-Shop"-Prinzip, das alle Bedürfnisse stillen könnte.

Klaudia Frieben, Vorsitzende des Österreichischen Frauenrings, bezeichnete die angekündigten 24,6 Millionen Euro der Regierung als ersten Schritt: "Wir fordern weiterhin 228 Millionen jährlich für den Gewaltschutz und 3.000 neue Stellen im Opferschutz sowie die Umsetzung der Istanbul-Konvention". Zudem solle die Expertise der Gewaltschutzexpertinnen politisch stärker miteinbezogen werden.

Susanne J. Pekler, die "Neustart"-Leiterin Steiermark, rief in einem Blogbeitrag auf der Online-Präsenz des Vereins dazu auf, "Umsetzungspower und Synergie" zu bündeln. In ihrem Bundesland gebe es etwa regelmäßige Gewaltschutzgipfel von Justiz, Polizei, Opferschutz- und Gewaltpräventionseinrichtungen. Die Justiz in der Steiermark ordne zudem öfter Anti-Gewalt-Trainings an als in jedem anderen Bundesland.

Schon vor dem Runden Tisch stellte die SPÖ fest, das zusätzliche Mittel für den Gewaltschutz am Dienstag im Budgetausschuss in der Novelle des Bundesfinanzgesetzes 2021 fixiert werden hätten können, welche kommende Woche im Nationalrat zur Abstimmung gelangt. Das sei leider nicht passiert. "Für den Schutz von Frauen vor Männergewalt fehlt in Österreich vor allem eines: das Geld", sagte SPÖ-Justizsprecherin und Landesfrauenvorsitzende der SPÖ-Tirol, Selma Yildirim, in einer Aussendung. Die Gesetzeslage sei gut, die finanziellen und personellen Mittel würden jedoch fehlen.

"Was diese Regierung nicht versteht, ist, dass Femizide nur verhindert werden können, wenn jene Organisationen, die tagtäglich Frauen beraten und notfalls abschirmen - die Gewaltschutzorganisationen - auch tatsächlich mit den Mitteln ausgestattet werden", hielt NEOS-Frauensprecherin Henrike Brandstötter fest. Die Förderungen müssen deutlich aufgestockt werden, über eine zentrale Stelle des Bundes, die diese koordiniert und auszahlt - statt wie bisher sechs verschiedene Förderstellen. "Die Förderperioden müssen darüber hinaus verlängert werden, und das wäre der zentrale Punkt gewesen, den die Regierung heute hätte präsentieren müssen. Der fehlt aber", so Brandstötter. Gewaltschutz sei kein Bazar, wo immer dann, wenn etwas passiert, gefeilscht werde.

FPÖ-Frauensprecherin Rosa Ecker bezeichnete das Ergebnis des heutigen Runden Tisches mit 24,6 Millionen Euro als "Tropfen auf den heißen Stein", da Gewaltschutzeinrichtungen von notwendigen 228 Millionen Euro sprechen. Es brauche auch rechtliche Voraussetzungen, etwa, "dass es nicht für die Frauen zum Nachteil werden kann, wenn sie hilfesuchend die gemeinsame Wohnung verlassen bis hin zum Kontaktrecht des Vaters zu den gemeinsamen Kindern", so Ecker. Kindern solle weiterhin Kontakt zum Vater ermöglicht sein, ohne dass die Frau sich einer Gefahr aussetze.