Wer Besuch von ihm bekommt, kann sein Glück oft gar nicht fassen: Bald wird er etwa an den Türen des Kärntners und des Steirers läuten, die am Sonntag den Doppeljackpot geknackt haben. "Alle sind aufgeregt, wenn ich komme. Viele können es auch dann immer noch nicht glauben - das tun sie erst, wenn das Geld am Konto ist", sagt der Großgewinnbetreuer der Österreichischen Lotterien. Hunderte Lottosieger hat er schon beglückwünscht. Doch jedes Mal ist es anders. "Meistens geht es bei meinen Besuchen zu, wie auf einer Familienfeier. Speziell am Land gibt es dann fast immer Kuchen und Kaffee. Die meisten älteren Gewinner haben schon seit vielen Jahrzehnten einen Plan, was sie mit dem Geld machen wollen", sagt der Großgewinnbetreuer, der aus Sicherheitsgründen nur unter seinem "Künstlernamen" Erhard Glück in der Zeitung stehen will. 

Von kuriosen Pläne hört er selten, aber immer wieder:"Einer hat gesagt, er kauft sich jetzt den Fußballplatz in seiner Ortschaft - dann wird er der Hauptsponsor der Mannschaft. Oder da war dieses Ehepaar, das immer schon einmal nach New York wollte und jetzt nur auf einen Kaffee dort hinfliegt." Ein Steirer wiederum wollte den Gewinn so schnell wie möglich loswerden: "Er hat gesagt, er hatte das Geld vorher nicht und jetzt gibt er es im großen Bogen aus. Und wenn dann nichts mehr da ist, ist es auch gut, dann hat er halt eine schöne Zeit gehabt. Wofür er es dann ausgegeben hat? Keine Ahnung."Denn der Großgewinnbetreuer sieht seine Kunden immer nur einmal - dann verschwindet er wieder aus ihrem Leben und lässt sie mit ihrem Glück allein (außer sie wollen noch eine weitere Beratung): "Ich kann nur Ratschläge geben." Einer davon ist, den großen Gewinn nicht an eine genauso große Glocke zu hängen: "In einer kleinen Ortschaft fragt ja bald einer, wie sich der eine jetzt das neue Auto leisten konnte." Es gebe natürlich auch Gewinner, die ihr Glück wenn nicht teilen, dann schon allen mitteilen möchten: "Nur die müssen auch davon ausgehen, dass dann die Bittsteller und Neider kommen. Das ist in der Nachbarschaft und in der Familie sehr heikel." Ein weiterer Rat in dem Zusammenhang: "Kinder sollte man in gleichen Teilen beglücken, empfehle ich. Sonst gibt es oft Diskussionen, wer wen lieber hat."

Doch in der Regel trifft der Großgewinnbetreuer in seinem Job auf grundvernünftige Gewinner: Da wird der Kredit für das Haus oder die Wohnung abbezahlt, für die Kinder vorgesorgt, ein Teil gespendet und seinen Job gibt fast nie jemand auf: "Die Gewinner schmeißen ihr Leben nicht über den Haufen." Der Großgewinnbetreuer findet das sehr schön: "Was ich beobachten konnte: Die meisten Gewinner sind mit ihrem Leben eigentlich sehr zufrieden. Sie erfüllen sich meistens kleine Wünsche." 

"Dieser Beruf ist mein persönlicher Lottogewinn"

Doch dann gibt es auch diejenigen, die wirklich etwas brauchen, solche Besuche freuen ihn am meisten: "Kranke Menschen, die zuhause auf die Hilfe von Nachbarn, Freunden oder Familie angewiesen und die sich durch den Gewinn eine Heimhilfe leisten können oder ihre Wohnung behindertengerecht umbauen können. Diese Leute haben wirklich eine Freude. Das ist immer sehr berührend."

So viele schöne Geschichten der Großgewinnbetreuer auch erfährt, so wenig kann er darüber erzählen: Wer die Gewinner sind, darf er keinem verraten. "Auch meine Frau weiß nur, in welchem Bundesland ich gerade bin." Das macht seinen Job hin und wieder einsam: In einer Woche fährt er schon einmal um die 1800 km in ganz Österreich herum, gerade zum Höhepunkt der Pandemie war er in Hotels oft der einzige Gast.

Doch seinen Beruf findet er dennoch großartig. Es klingt dann zwar etwas kurios, aber ehrlich, wenn der Betreuer von Lotto-Großgewinnern sagt: "Durch den Job bin ich aus dem Konsumrad rausgesprungen. Es gibt keinen Termindruck oder ähnliches. Ich fahre nur zu den Menschen und teile die Freude mit ihnen. Das ist mein persönlicher Lottogewinn."