Unfassbare Vorgänge in der Wiener City: Gegen 20 Uhr lieferten sich im Bereich der Seitenstettengasse, wo der jüdische Stadttempel angesiedelt ist, sowie am Schwedenplatz Polizisten mit einem oder mehreren Personen einen heftigen Schusswechsel. Die Innenstadt war zu diesem Zeitpunkt noch stark bevölkert, wegen des bevorstehenden Lockdowns waren die Lokale und Cafés besser besucht als in den letzten Wochen. Auch der milde Abend lockte die Wiener ins Beisl.

Auf einem Video, das in den sozialen Medien geteilt wurde, sieht man, wie ein Polizist von einem Schuss getroffen unweit der U-Bahn-Station zu Boden sinkt. Am Judenplatz mussten Sanitäter einen blutüberströmten Mann erstversorgen. In den späteren Abendstunden machten Gerüchte die Runde, dass große Polizeieinsätze in unmittelbarer Nähe des Wiener Hiltons beim Schwedenplatz sowie in der Mariahilfer Straße im Laufen seien. Die Wiener Polizei fordert via Twitter und Facebook alle Wiener auf, nicht die Wohnungen zu verlassen und den öffentlichen Raum zu meiden.
Die Lage blieb bis in die späten Abendstunden unübersichtlich.

Die Polizei wollte lange nicht bestätigen, dass es sich um einen Terroranschlag handle. Auch wollte man nicht darüber mutmaßen, ob die Synagoge in der Seitenstettengasse erklärtes Ziel des Attentäters war. Oskar Deutsch, Präsident der israelitischen Kultusgemeinde, erklärte gegen 21 Uhr, dass die Synagoge zum Zeitpunkt der Schießerei bereits versperrt und das Abendgebet vorbei war. In einem internen Mail wurden alle in Wien lebenden jüdischen Mitbürger dringend aufgefordert, die eigenen vier Wände nicht zu verlassen. Der Stadttempel war in den Achtzigerjahren bereits Ziel eines Terroranschlags.

Aus Kreisen der Polizei und der Rettungskräfte war zu vernehmen, dass der mutmaßliche Anschlag sieben Tote gefordert hat. Im Laufe des Abends wurde die gesamte Rettungskette in Gang gesetzt. Alle Wiener Spitäler wurden in Alarmzustand versetzt. Zunächst sollten Verletzte nur ins AKH gebracht werden, später wurden auch andere Spitäler alarmiert. Gegen 22 Uhr deutete Innenminister Karl Nehammer an, dass es sich um einen Terroranschlag handeln dürfte. Die Wiener Polizei forderte in den Abendstunden die Menschen auf, nicht über Twitter und in den anderen sozialen Medien Video und Bilder zu teilen. Angeblich war der eine oder andere Täter noch auf der Flucht. Im Wiener Konzerthaus saßen die Menschen fest, wegen des Polizeieinsatzes durften die Konzertbesucher die Räumlichkeiten nicht verlassen.

Über die Hintergründe kann nur gemutmaßt werden. Sollten mehrere Attentäter koordiniert vorgegangen sein, würde der Anschlag die Handschrift von Islamisten tragen.