Für die Entwicklung der Optogenetik erhalten vier Forscher den "Warren Alpert Foundation Prize 2019". Unter den Preisträgern ist auch der österreichische Neurowissenschafter Gero Miesenböck (54) von der Universität Oxford. Die Stiftung verleiht den mit in Summe 500.000 Dollar (450.000 Euro) dotierten, seit 1987 vergebenen Preis am 3. Oktober an der Harvard Medical School in Boston (USA).

Neben Miesenböck bekommen Edward Boyden vom Massachusetts Institute of Technology (MIT), Karl Deisseroth von der Stanford University und Peter Hegemann von der Humboldt Universität Berlin den Preis. Dieser wird von der Warren Alpert Foundation in Kooperation mit der Medizin-Fakultät der Harvard University an Wissenschafter, Ärzte und Forscher vergeben, "deren wissenschaftliche Leistungen zur Vorbeugung, Heilung oder Behandlung von Krankheiten beigetragen haben und/oder deren Forschung zu Ergebnissen geführt hat, die ein großes Potenzial für eine Änderung des Verständnisses oder der Fähigkeit zur Behandlung von Krankheiten bergen".

Optogenetik

Die Warren Alpert-Stiftung bezeichnet die Optogenetik als "revolutionäre Methode, die genetische Veränderungen in Kombination mit Licht nutzt, um die Aktivität von Gehirnzellen zu kontrollieren. Dies ermögliche es, eine Reihe von Hirnfunktionen und Dysfunktionen zu erforschen und zu verstehen, etwa jene, die der sensorischen Verarbeitung, motorischen Kontrolle, dem Lernen, dem Gedächtnis, der Emotion und dem sozialen Verhalten zugrunde liegen. Zudem schaffe die Methode die Voraussetzung für optogenetische Therapien bei Erkrankungen von Parkinson bis Sucht.

"Die Entdeckungen der vier diesjährigen Preisträger haben die Landschaft der Neurowissenschaften grundlegend verändert", erklärte der Dekan der Harvard Medical School, George Daley, in einer Aussendung der Stiftung. "Ihre Arbeit hat es Wissenschaftern ermöglicht, Neuronen zu sehen, zu verstehen und zu manipulieren. Das bildet die Grundlage für das Verständnis des ultimativen Rätsels - des menschlichen Gehirns."

Experimente von Miesenböck hätten 2002 gezeigt, dass es möglich ist, Licht zur Modifikation neuronaler Aktivitäten zu nutzen, heißt es seitens der Stiftung. Er entwickelte lichtempfindliche Signalwege zu einem molekularen Werkzeug, um die neuronale Funktion auf Zell- und Systemebene zu untersuchen. Miesenböck testete den Ansatz an Fruchtfliegen - und demonstrierte erstmals, dass es möglich ist, das Gehirn mit Licht zu steuern. Konkret können mit der Methode durch genetisch eingeschleuste lichtempfindliche Proteine einzelne Zellen durch einen Lichtreiz an- und ausgeschaltet werden. Das macht das gezielte Ansteuern und Beobachten von den Funktionen neuronaler Netzwerke möglich.

Miesenböck wurde am 15. Juli 1965 in Braunau am Inn (OÖ) geboren und studierte an der Uni Innsbruck Medizin. 1993 wurde er dort "sub auspiciis praesidentis" promoviert. Anschließend ging er als Schrödinger-Stipendiat an das Memorial Sloan-Kettering Cancer Center in New York. Von dort wechselte er an die Yale University und wurde 2007 als erster Nicht-Brite auf den Waynflete-Lehrstuhl für Physiologie an der Uni Oxford berufen. Der Neurowissenschafter wurde vom Datenanalysekonzern Clarivate Analytics gemeinsam mit Ernst Bamberg (Max Planck Institut für Biophysik in Frankfurt/Main) und Karl Deisseroth für die Entwicklung der Optogenetik unter die Favoriten für den diesjährigen Medizin-Nobelpreis gereiht.