"Business as usual" reicht nicht aus für das Ziel der Bundesregierung, den CO2-Ausstoß beim Verkehr bis zum Jahr 2030 auf höchstens 15,7 Millionen Tonnen zu senken. Der massive Ausbau des öffentlichen Verkehrs ist indes notwendig, wenn Österreich seine Klimaziele erfüllen will, sagte Markus Gansterer vom Verkehrsclub Österreich (VCÖ). Neben der Politik seien auch die Unternehmen gefordert.

"Bisher hat das Wachstum des öffentlichen Verkehrs mit jenem des Pkw-Verkehrs mitgehalten. Mit diesen kleinen Steigerungen sind die Klimaziele nicht zu erreichen", sagte der Experte am Donnerstag bei der Präsentation der VCÖ-Publikation "Mobilitätswende braucht mehr Öffentlichen Verkehr" in Wien. Noch geht der CO2-Trend in die Gegenrichtung, denn seit dem Jahr 2014 sind die Emissionen des Verkehrs um rund zwei Millionen Tonnen gestiegen.

Mobilitätswende

Derzeit werden in Österreich und 20 Milliarden Personenkilometer auf der Schiene zurückgelegt, weitere 10,2 Milliarden Personenkilometer mit Linien- und Reisebus. Dadurch würden im Vergleich zu Autofahrten rund drei Millionen Tonnen CO2 vermieden, rechnete der VCÖ vor. Benzin- und Diesel-Pkw verursachen hingegen pro Personenkilometer im Schnitt 15 Mal so viel CO2 wie die Bahn und rund vier Mal so viel CO2 wie ein Bus, lautete die Gegenrechnung.

Ein weiteres Argument des Experten für eine deutliche Mobilitätswende über den öffentlichen Verkehr ist, dass "dieser mehr CO2 einspart als das Elektroauto". Um den Individualverkehr aber einzubremsen, dürfe auch der Faktor "Bequemlichkeit" nicht zu kurz kommen. Ein "Gesamtangebot von der Haustür bis zum Zielort, das es angenehm macht, die Wege zurückzulegen" sei daher gefragt, so der Experte im Gespräch mit der APA.

Autofahrer würden sich ohnehin mehr Öffi-Verbindungen wünschen und Voraussetzung dafür, dass mehr Menschen mit der Bahn fahren können, sind dichtere Takte und der forcierte Ausbau des Bahnnetzes etwa im Ballungsraum Wien, wo man an die Kapazitätsgrenzen stoße. "Städte brauchen saubere und platzsparende Mobilität", sagte Gansterer und erinnerte in diesem Kontext an die Tatsache wachsender Ballungsräume. Auch das Umland der Großstädte wachse und der öffentliche Verkehr sei einfach effektiver bei der Raumnutzung, so der Experte.

Einfacheres österreichweites Ticketing

Für die Mobilitätswende braucht es laut VCÖ zudem ein einfaches, österreichweites Ticketing, eine gut nutzbare Reisezeit, multifunktionale Bahnhöfe - und in Summe eine "durchgehende komfortable und zusammenhängende Wegekette". Der verdichtete Linienverkehr der Bahn solle in den Regionen mit Sammeltaxis ergänzt werden, die dort spät abends Lücken schließen.

Was die eingangs geforderte Mitwirkung der Unternehmen betrifft, so nannte Gansterer den deutschen Pharmakonzern Boehringer Ingelheim als leuchtendes Beispiel. Die Firma habe an ihrem Standort in Wien-Meidling die Zahl der Beschäftigten einerseits von 2.000 auf rund 2.500 erhöht, gleichzeitig die Parkplätze aber von 600 auf 280 reduziert. Das Mobilitätsmanagement der Firma hatte zur Folge, dass statt 53 Prozent nur mehr 30 Prozent der Beschäftigten mit dem Auto zur Arbeit kommen, der Anteil der Öffi-Nutzer stieg von 36 auf 55 Prozent - und das Konzept "Arbeitsplätze statt Parkplätze" stärke auch den Wirtschaftsstandort, betonte der VCÖ.