Im Kern geht es um die Implementierung sogenannter telemedizinischer Maßnahmen in das heimische Gesundheitssystem. Was kompliziert klingt, bedeutet im Klartext: Nach einer Reha beispielsweise folgt die Telerehabilitation, der Patient kann im familiären Umfeld seine Therapie fortsetzen, assistiert von moderner Technologie und über Handy.

In einem ersten Schritt gehe es laut Axel Ganster, Pressesprecher von Gesundheitsministerin Beate Hartinger-Klein (FPÖ), vornehmlich um Menschen mit Herzerkrankungen. Diese sollen etwa via Smartphone, eingebettet in die elektronische Gesundheitsakte (Elga), gesundheitsrelevante Informationen wie Gewicht, Blutdruck oder Medikation an den behandelnden Arzt senden können. Dadurch soll die Versorgungsqualität im Land "deutlich erhöht" werden. "Der
Patient kann sich so den Weg zum Arzt sparen", sagt Ganster.

Es soll sich um ergänzende Leistungen auf freiwilliger Basis handeln,
bestehende Leistungen bleiben unangetastet. Ob dieses Bekenntnis
auch längerfristig haltbar ist, lässt sich noch nicht sagen. Die Gesetzesvorlage geht bereits am Mittwoch in Begutachtung, noch heuer soll die Novelle beschlossen werden.

Klar ist, dass die Digitalisierung die Medizin bereits prägt und dass sich dieser Trend verstärken wird. In welchen Bereichen etwa der Einsatz von Kommunikationstechnologie möglich und auch sinnvoll ist, wird schon seit Jahren diskutiert und evaluiert. Auch von Dietmar Bayer, Präsident der Gesellschaft für Telemedizin und E-Health und Telemedizinreferent der Österreichischen Ärztekammer. Er erkennt das Potenzial telemedizinischer Maßnahmen, unterstreicht aber, dass diese zum gegenwärtigen Zeitpunkt nur als „zweitbeste Lösung“ gelten können. Der direkte Kontakt mit dem Arzt sei in jedem Fall vorzuziehen.

Finanzierung, Recht, Datenschutz

Zudem gilt in Österreich das Fernbehandlungsverbot, das eine unmittelbare Behandlung vorsieht. Ungeregelt ist auch die Frage der Datenqualität. Zugleich gibt es bereits telemedizinische Anwendungen in Österreich, die rechtlich in einem Graubereich angesiedelt sind. Die Versicherungsanstalt für Eisenbahnen und Bergbau beispielsweise testet im Mürztal ein Projekt mit Diabetikern, die ihren Blutzucker selbst messen. Laufen die Werte aus dem Ruder, bekommt der Arzt eine Nachricht und kann dem Patienten eine neue Insulin-Einstellung verordnen - ohne Besuch in der Praxis. Um derartige Maßnahmen flächendeckend einführen zu können, fehle aber noch vieles. „Wenn ein Patient zum Beispiel nach einer Reha telemedizinisch begleitet Übungen zu Hause weitermachen soll, diese aber falsch ausführt und es zu Sekundärschäden kommt - wer ist dann verantwortlich?“, fragt Bayer.

Befürworter sehen vor allem für die Landbevölkerung viele Vorteile. Wenn immer weniger Ärzte am Land verfügbar sind, könnte die Telemedizin praktische Alternativen bieten. Dafür bräuchte es aber auch entsprechende Internetinfrastruktur.

„Nicht einmal alle Ärzte sind mit Breitbandinternet ausgestattet“, bemängelt Bayer. Auch die Frage der Finanzierung telemedizinischer Leistungen sei nicht geklärt. „Telemedizinische Anwendungen sind wie Medizinprodukte zu sehen und brauchen eine Art Gütesiegel. Zuerst müssen die Voraussetzungen zum Einsatz von Telemedizin breit abgestimmt, die gesetzlichen Rahmenbedingungen geschaffen und Finanzierungssicherheit hergestellt werden, bevor man sich auf derart sensibles Terrain begibt.“

Auch Datenschutz spielt eine Rolle. Private Informationen dürfen nicht von Dritten einsehbar sein. So weit sei man noch nicht, heißt es aus dem Ministerium. Eingespart werde in diesem Bereich jedenfalls nicht.