Anfang des Jahres bekam ein Video millionenfache Aufmerksamkeit und sorgte für teils heftige Reaktionen: Eine „Gaffer“-Szene wurde nachgestellt – mit beklemmendem Ende. Mit dem Video unter dem Motto #SeiKeinGaffer wollte die Freiwillige Feuerwehr Osnabrück zeigen, wie pietät- und rücksichtslos so mancher Schaulustige bei Unfällen agiert. Auch in Österreich gibt es solche Fälle: Erst am Montag wurde eine 19-jährige Fußgängerin in Wien von einem Lkw überrollt und dabei getötet. Zahlreiche Menschen filmten die Szene. Die Einsatzkräfte mussten die Unfallstelle großräumig absperren.

In Deutschland ist das Fotografieren oder Filmen eines Unfalls eine Straftat, sogar das Gaffen selbst kann mit bis zu 1000 Euro bestraft werden. In Österreich sieht die rechtliche Situation etwas anders aus, erklärt Alexandra Geyer, Sprecherin des Bundesministeriums. Die Exekutive habe zwar ein Wegweiserecht, im Ernstfall auch unter Einsatz von Gewalt, das „Gaffen“ oder Fotografieren ist jedoch nicht strafbar – solange es nicht zur Unterlassung der Hilfeleistung kommt. Das Regierungsprogramm sieht aber eine Ausweitung des Strafrechts um den Tatbestand der Behinderung der Hilfeleistung vor. In Zukunft soll es auch strafbar sein, wenn man andere an der notwendigen Hilfeleistung hindert. „Hier sind wir gerade in der Ausarbeitung – einen entsprechenden Entwurf werden wir im ersten Halbjahr 2018 präsentieren“, so Geyer.

Problem ist nicht neu

„Schaulustige gab es früher auch schon“, sagt Gerry Foitik, Bundesrettungskommandant des Österreichischen Roten Kreuzes. „Jetzt halten aber viele ein Smartphone in der Hand. Wir können die Menschen nur bitten, das Hirn einzuschalten. Eigentlich sollte es genügen, an ihre Vernunft zu appellieren, die Privatsphäre von Patienten zu achten und Einsätze nicht zu behindern.“ Das Absperren von Unfallstellen selbst sei jedoch Aufgabe der Feuerwehr in Zusammenarbeit mit der Polizei.

In Wiener Neustadt setzt die Feuerwehr auf spezielle Sichtschutzwände, damit sich Einsatzkräfte bei schweren Unfällen auf das Wesentliche konzentrieren können. Das System habe sich bewährt und wird vor allem auf der Autobahn eingesetzt. „Zum einen schützt es die Privatsphäre von Verletzten, es stellt aber auch einen Schutz für Schaulustige dar. Entgegenkommende Fahrer werden nicht abgelenkt, Folgeunfälle so vermieden“, sagt Gerald Schimpf vom Landesfeuerwehrverband Wien. In der Stadt seien solche Wände schwieriger einzusetzen, trotzdem würden Methoden, Gaffer fernzuhalten, evaluiert. Die konkrete Anschaffung von Sichtschutzwänden sei zurzeit in Wien aber nicht geplant, so Schimpf.

Jede Feuerwehr müsse schlussendlich selbst abschätzen, wie sinnvoll ein Sichtschutzsystem hinsichtlich der lokalen Gegebenheiten ist, sagt Andreas Rieger vom Österreichischen Bundesfeuerwehrverband. Er sieht die Probleme mit Schaulustigen noch als „Einzelfälle, die aber natürlich viel Aufmerksamkeit erregen, weil die Behinderung von Einsatzkräften fatale Folgen haben kann“.