Der Protest gegen die Raucherpläne von ÖVP und FPÖ hat ein in der Form noch nie dagewesenes Ausmaß erreicht. Mit ihrer Entscheidung, das ab Mai 2018 in der Gastronomie geplante absolute Rauchverbot zu kippen, sorgt die neue Regierung nicht nur bei Gesundheitsexperten für Empörung. ÖVP und FPÖ setzen auf das "Berliner Modell", Gäste können also weiter in abgetrennten Räumlichkeiten rauchen.

Mitte Dezember wurde von der Österreichischen Krebshilfeeine Petition gegen die Pläne gestartet, die sich an Bundeskanzler und ÖVP-Chef Sebastian Kurz richtet. Mittlerweile gibt es bereits fast 450.000 Unterstützer (Stand 20. Jänner: 446.500).Und die Petition läuft noch drei Wochen.

Es ist längst ein Rekordergebnis. Noch nie hat eine Abstimmung auf der Plattform Open Petition eine solche Größenordnung erreicht. Bisheriger Rekordhalter war eine 2012 gestartete Initiative in Deutschland gegen eine Erhöhung von Urheberrechts-Gebühren für Clubs und Discos - mit 300.000 Stimmen, allerdings bei einer im Vergleich mit Österreich rund zehn Mal höheren Bevölkerungszahl. Das selbstgesteckte und vergleichsweise äußerst ambitionierte Ziel der Initiatoren der Rauchverbots-Initiative liegt übrigens bei 500.000 Stimmen. Dafür bleiben noch 21 Tage Zeit. 

Die Abstimmung auf der Plattform Open Petition hat allerdings keinen offiziellen Charakter. Es findet keine Identitätsüberprüfung statt, zur Teilnahme reicht eine E-Mail-Adresse. Petitionen, die das Open-Petition-Quorum von 18.000 Unterstützungsbekundungen erreicht haben, werden aber zumindest an die gewählten Vertreter des zuständigen Parlaments mit der Bitte um eine Stellungnahme weitergeleitet.

Würde die gleiche Anzahl an Personen auch ein Nichtraucher-Volksbegehren unterstützen, dann wäre nach den Plänen der türkis-blauen Koalition die Schwelle für eine zwingende Behandlung des Themas im Parlament längst überschritten. ÖVP und FPÖ wollen bekanntlich die direkte Demokratie ausbauen. In einer ersten Stufe soll möglichst schnell eingeführt werden, dass 100.000 Wahlberechtigte eine echte Gesetzesinitiative starten können. Es ist dann mit den bisherigen Einbringungsmöglichkeiten von Gesetzen gleichwertig, also mit Regierungsvorlagen ebenso wie Initiativanträgen. Ist solch ein Volksbegehren erfolgreich, muss es in der Folge im Nationalrat behandelt werden und beinhaltet dann ein Rederecht des Einbringers des Begehrens vor dem Parlament. Auch der zuständige Minister muss Stellung beziehen.

"Europas Aschenbecher"

Die Aufforderung und Begründung der Petition, die von der Österreichischen Krebshilfe und der Österreichischen Gesellschaft für Hämatologie & Medizinische Onkologie ins Leben gestartet wurde: "Das generelle Rauchverbot in der Gastronomie zählt in Europa mittlerweile zum Standard, dem Österreich noch immer hinterher hinkt. Mit einer Aufhebung der 2015 beschlossenen Novelle des Tabakgesetzes geht Österreich weiterhin als Europas Aschenbecher keinen neuen Weg. Es ist völliger Irrsinn, die endlich begonnene Trendwende jetzt plötzlich wieder umzukehren und nachhaltig zu vernichten."

Meinungsschwenk von Kurz

ÖVP-Chef Sebastian Kurz hatte sich in der Vergangenheit immer wieder für den Nichtraucherschutz stark gemacht und war auch Unterstützer der "Don't Smoke"-Kampagne. Noch im September hatte er im Wahlkampf erklärt: "Nach jahrelangen Diskussionen und Zwischenlösungen hat sich die Bundesregierung im Jahr 2015 mit dem generellen Rauchverbot in Lokalen auf eine Lösung geeinigt. Um die Betroffenen nun nicht wieder zu verunsichern, werden wir an dieser Entscheidung, die mit drei Jahren Vorlaufzeit im Mai 2018 in Kraft tritt, ganz klar festhalten."

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