Vor 22 Jahren sorgte das krebskranke Kind Olivia für Schlagzeilen. Ihre Eltern hörten auf den selbst ernannten Krebsheiler Ryke Geerd Hamer, lehnten schulmedizinische Behandlungen ab. Am Freitag wurde Olivias Vater wegen Widerstands gegen die Staatsgewalt verurteilt. Helmut Pilhar, der eigenen Angaben zufolge Anhänger der staatsfeindlichen Bewegung "Staatenbund" war, bekam ein Jahr auf Bewährung.

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Grund für das Strafverfahren gegen Helmut Pilhar am Wiener Straflandesgericht waren Drohungen gegen eine Richterin in Wiener Neustadt, die im vergangenen Jahr einen Prozess gegen ihn wegen übler Nachrede führte. Dabei ging es um eine Privatanklage, die von einem Autor eines medizinischen Buches angestrebt wurde, da Pilhar diesen in einem Rundmail des Diebstahls des geistigen Eigentums der Lehren Hamers beschuldigt haben soll.

Weil der 52-Jährige mit dem Verfahren in Niederösterreich nicht zufrieden war, soll er ab Dezember 2016 vier Briefe an die Wiener Neustädter Richterin verfasst haben, in der er von ihr eine Art Legitimation verlangte. "Wenn das nicht erfolgt, dann muss ich davon ausgehen, dass das Gericht eine Firma ist", sagte Pilhar. "Wie kommen Sie darauf", fragte die Richterin. "Es ist ja im Handelsregister eingetragen", meinte Pilhar mit Hinweis das von Staatsverweigerern gerne genutzte US-Handelsregister Uniform Commercial Code (UCC).

In das UCC werden von Staatsverweigerern entsprechende Pfandrechtstitel eingetragen. Über ein Inkassobüro in Malta wird dann versucht, diese Fantasieforderungen tatsächlich einzutreiben. So soll Pilhar in seinem ersten Schreiben an die niederösterreichische Richterin für die Legitimation eine Frist von 72 Stunden eingeräumt haben, ansonsten würden 30.000 Euro fällig. Dafür sollte die Richterin u.a. die Gründungsurkunde der Republik Österreich, des Landes Niederösterreich, ihren Amtsausweis und Dienstausweis vorweisen. "Ich wollte eine Antwort von dem Gericht, dann hätte ich mich sofort unterworfen", sagte der 52-Jährige.

Drei weitere Briefe verfasst

Da er aber keine Antwort bekam, verfasste er Anfang 2017 drei weitere Briefe, darunter eine "Ungültigkeitserklärung", ein "Versäumnisurteil" sowie eine "Zahlungserinnerung", in der Pilhar sogar eine Schadenersatzforderung in der Höhe von 300.000 Euro verlangt haben soll. Darin bezeichnete er sich als "Sohn des Schöpfers" und unterzeichnete mit einem Fingerabdruck. "Verabschiedet haben Sie ja nett", stellte die Wiener Richterin fest. "Ich grüße Sie in Liebe, Luft und Wahrheit", zitierte sie. "Ich wurde einfach ignoriert", meinte Pilhar darauf.

Im März 2017 verfasste er das letzte Schreiben. "Ich habe mich in einem rechtsfreien Raum befunden. (...) Ich bin auch nicht der Mensch, der jemandem 300.000 Euro aufbrummt." Auf die Frage der Richterin nach dem Warum, meinte der 52-Jährige: "Das sind ja meine AGBs (Allgemeinen Geschäftsbedingungen, Anm.)." Dann habe er von seinem Vorhaben abgelassen.

Den Entwurf für die Briefe habe er sich von der Homepage des "Staatenbundes" geholt, zu denen er sich am Freitag vor Gericht nicht mehr bekannte. Gegen deren Anhänger wird in Graz ermittelt. "Ich bin ja ausgetreten, weil ich gemerkt habe, das ist der falsche Weg", sagte Pilhar. "Ich saß einem Irrtum im Internet auf. (...) Ich bin davon ausgegangen, dass das stimmt."

"Staatsbürgerschaft nach Abstammung"

"Was ist der richtige Weg", fragte die Richterin. "Sich selbst im Personalstatus erklären", meinte Pilhar. Bereits am Beginn des Verfahrens betonte der Beschuldigte auf die Frage, ob er österreichischer Staatsbürger sei, dass das noch geklärt werde. Für ihn sei die Abstammung wichtig. "Jetzt habe ich die Staatsbürgerschaft nach Abstammung", meinte der Angeklagte. Das lasse er gerade durch das Land Niederösterreich feststellen. "Das haben Sie geschrieben? Ich will wissen, was ich bin?", fragte die Richterin erstaunt. "Sind Sie bei einem Psychiater oder einem Psychologen. Weil offen gesagt, das ist total wirr", meinte die Vorsitzende. Der Angeklagte schüttelte den Kopf.

Um den Vorwurf der Befangenheit zu entgehen, wurden sowohl das Strafverfahren, als auch das Privatanklageverfahren von Wien übernommen. Pilhar wurde wegen Widerstands gegen die Staatsanwalt zu einem Jahr bedingt verurteilt. Sein Anwalt Adrian Hollaender meldete sofort volle Berufung an, das Urteil ist daher nicht rechtskräftig. Das Verfahren wegen übler Nachrede wurde ausgeschieden und soll im September fortgesetzt werden.