Ein Buch über die Entführung von Natascha Kampusch bleibt erlaubt. Kampusch hatte eine einstweilige Verfügung gegen das Buch beantragt, doch das Landgericht Köln wies dies am Mittwoch zurück. Kampusch muss die Kosten des Verfahrens tragen. Allerdings kann sie noch in Berufung gehen.

In dem Verfahren ging es um das Buch "Der Entführungsfall Natascha Kampusch - Die ganze beschämende Wahrheit" von Peter Reichard. Darin werden unter anderem Videos beschrieben, die der Entführer Wolfgang Priklopil von Kampusch und sich gemacht hatte. Das Entführungsopfer, das acht Jahre in der Gewalt des Kidnappers war, betrachtete diese Schilderung als eine Verletzung ihres Persönlichkeitsrechts.

Das Gericht hatte aber darauf hingewiesen, dass Kampusch in ihrem eigenen Buch ganz ähnliche Szenen beschrieben habe. "Wenn man das vergleicht und nebeneinanderlegt, dann war uns das eigentlich durchaus vergleichbar", hatte der Vorsitzende Richter Dirk Eßer in der Verhandlung im vergangenen Monat gesagt.

Buchautor Reichard hatte sich erstaunt über die Klage von Kampusch geäußert. Schließlich sei sein Buch "eine glühende Verteidigungsschrift" für sie, sagte er. "Der Zweck war, Natascha Kampusch von diesen ewigen Verschwörungstheorien zu befreien." Außerdem habe sie die Gelegenheit gehabt, das Buch vorher zu prüfen. "Diese Entscheidung des Gerichts ist aus meiner Sicht eine schallende Ohrfeige, die vordergründig das Entführungsopfer trifft, aber eigentlich seine Berater meint", sagte Reichard am Mittwoch.

Der Entführungsfall Natascha Kampusch hatte weltweit Aufsehen erregt. Priklopil hatte die damals Zehnjährige am 2. März 1998 auf dem Weg zur Schule in Wien gekidnappt. Nach achteinhalb Jahren gelang der jungen Frau die Flucht.

Neues Buch zum 10. Jahrestag

In Kürze will Kampusch selbst ein neues Buch herausbringen: "10 Jahre Freiheit" soll es heißen, passend zum zehnten Jahrestag ihrer Flucht. Die einstweilige Verfügung war in Köln verhandelt worden, weil sie dort beantragt worden war. Wenn es um ein Buch geht, das überall frei verfügbar ist, kann der Kläger den Gerichtsort in Deutschland frei wählen. Eine Stellungnahme des Wiener Anwalts von Natascha Kampusch, Gerald Ganzger, stand bis Mittwochnachmittag aus.

Rechtsmittel noch ungeklärt

Der Wiener Anwalt von Natascha Kampusch, Gerald Ganzger, betonte Mittwochnachmittag gegenüber der APA, dass er an dem Verfahren in Deutschland rund um das Buch zum Fall Kampusch nicht beteiligt sei. "Das macht ein deutscher Kollege, der mich heute über die Entscheidung informiert hat", sagte er.

Zu der Abweisung der von Kampusch geforderten einstweiligen Verfügung gegen die Verbreitung des Buches liege noch keine schriftliche Begründung vor. Vor dem Ergreifen allfälliger Rechtsmittel werde man wohl die Begründung des Spruchs abwarten, sagte der Wiener Anwalt.