Bei dem mutmaßlichen Täter, der in einer Polizeistation festgenommen wurde, handelt es sich um einen 26-jährigen Kraftfahrer mit österreichischer Staatsbürgerschaft und "bosnischem Bezug" aus dem Bezirk Graz-Umgebung, der bereits zuvor "als gewaltbereit in Erscheinung getreten" sei, sagte Landespolizeidirektor Josef Klamminger bei einer Pressekonferenz am späten Nachmittag. Der Mann ist verheiratet und hat zwei Kinder. Er wurde nach häuslicher Gewalt am 28. Mai von seinem Wohnsitz weggewiesen.

Die Opfer dürfte der Mann alle nicht gekannt haben. Laut Polizei wurden bisher politische, religiöse oder extremistische Motive aufgrund seiner Vorgeschichte ausgeschlossen. Es handelte sich um einen Einzeltäter, wobei nun ein psychologisches Gutachten eingeholt werde, sagte Klamminger.

Unter den drei Toten ist ein vierjähriger Bub aus Österreich, der in der Herrengasse angefahren wurde. Das teilte die Polizei am Abend mit. Bei den beiden erwachsenen Toten handelt es sich um einen 28-jährigen Österreicher - ihn erwischte das Tatfahrzeug nahe der Synagoge - und um eine 25-jährige Frau, die wie der Bub in der Herrengasse gerammt wurde. Das Alter der 34 Verletzten liegt im Bereich von vier bis 75 Jahren.

Laut Stadtpolizeikommandant Kurt Kemeter stieg der 26-Jährige erstmals gegen 12.15 Uhr in der Zweiglgasse auf das Gaspedal: "Er beschleunigte bis zur Kreuzung mit der Lagergasse, fuhr auf den Gehsteig und rammte zwei Personen, wobei eine davon getötet wurde."

Anschließend fuhr der Täter Richtung Augartenbrücke und wollte auf der Höhe der dortigen Synagoge einen weiteren Fußgänger anfahren. Die Person konnte sich aber hinter einer Säule in Sicherheit bringen und wurde nur leicht verletzt. Danach raste der Lenker weiter in die Grazbachgasse, wo ein Paar aus einem Geschäft nahe einer Grünanlage kam. Er hielt an, sprang aus dem Auto und attackierte beide mit einem Messer. Dabei wurde der Mann schwer, seinen Freundin leicht verletzt.

Nach weiteren Attacken lenkte er in die Herrengasse ein, fuhr "mit hohem Tempo" hindurch und erfasste dabei mehrere Personen, von denen zwei getötet wurden. Zudem krachte der Lenker in einen Schanigarten, wo er acht Menschen verletzte. Schließlich hielt der Täter nahe der Polizeiinspektion an und gestand eine "Auseinandersetzung mit einem Messer". Laut Polizei sagte er, dass er sich stellen möchte.

Der Grazer Bürgermeister Siegfried Nagl (ÖVP) wurde offenbar selbst fast ein Opfer des Amokfahrers. "Er hat mich und einen anderen Passanten anvisiert", berichtete Nagl, der ebenfalls fassungslos schien. "Es wird alles abgesagt, alle Feierlichkeiten und Feste, wir werden schwarze Fahnen aufhängen", sagte der Bürgermeister. Als eine "grausame völlig unverständliche Tat, die uns alle zutiefst schockiert zurücklässt, bezeichnete die steirische Landtagspräsidentin Bettina Vollath (SPÖ) die Tat. Bischof Wilhelm Krautwaschl appellierte: "Stehen wir auch in diesen schweren Stunden zusammen."

Bundespräsident Heinz Fischer ist "zutiefst geschockt" über die "Wahnsinnstat, die sich heute Nachmittag in Graz ereignet hat", hieß es in einem Schreiben an Landeshauptmann Hermann Schützenhöfer (ÖVP), das der APA vorliegt. Schützenhöfer selbst sagte in einer Pressekonferenz nach der Amokfahrt am Samstag, es gebe keine Entschuldigung für diese Tat, so der LH, den Tränen nahe.

Auch die Spitzen der Bundespolitik zeigten sich entsetzt. "Mein Mitgefühl und meine Gedanken sind in diesen schweren Stunden bei den Opfern und deren Familien", betonte etwa Bundeskanzler und SPÖ-Chef Werner Faymann in einer Aussendung. Vizekanzler und ÖVP-Chef Reinhold Mitterlehner reagierte in einer Stellungnahme gegenüber der APA "tief betroffen".

Die Fassungslosigkeit stand auch vielen Menschen rund um die Herrengasse ins Gesicht geschrieben. An der Absperrung der Polizei in der Herrengasse legten Menschen Blumen in improvisierten Vasen sowie brennende Kerzen ab. Zahlreiche Passanten befanden sich zum Zeitpunkt der tödlichen Fahrt, die sich gegen 12.30 Uhr ereignete, in der Innenstadt. "Die Leute schrien in Panik und rannten in die umliegenden Geschäfte, um sich in Sicherheit zu bringen", schilderte eine Zeugin.

Landesrettungskommandant Peter Hansak lobte "in dieser schwarzen Stunde" den Einsatz der Ersthelfer, die ohne zu zögern Hilfe geleistet hatten. Unter ihnen waren Ärzte und Krankenschwestern, aber auch Laien, die dem Roten Kreuz sofort zur Hand gingen.

Nur wenige Stunden nach der Amokfahrt bekundeten unzählige Menschen auf sozialen Netzwerken wie Facebook ihre Solidarität: "Graz trägt Trauer. Unsere Gedanken sind bei den Opfern der Amokfahrt in der Herrengasse", hieß es auf schwarzem Hintergrund geschrieben. Viele nahmen den Spruch als neues Titelbild oder Profilbild auf ihrer Facebook-Seite. Andere wiederum teilten mit, dass sie nur knapp dem Tod entronnen seien: "100.000 Schutzengel sei Dank", postete eine junge Grazerin.

Über die tödliche Fahrt berichteten neben deutschsprachigen auch zahlreiche internationale Medien, etwa aus den USA oder Großbritannien. So schrieben zum Beispiel der britische "The Independent", die "New York Times" oder in der "BBC" auf ihren Online-Portalen über die tragischen Ereignisse am Samstag, die auch bei der nur eine Autostunde entfernten F1-Fahrerlager auf dem Red Bull Ring für Betroffenheit gesorgt haben.