Über Erhard Busek, den Politiker, Polemiker und Autor ist alles gesagt. Diese Morgenpost erinnert an den Erzieher. Erhard Busek hat mir und manchen Kolleginnen und Kollegen meiner Generation die Augen geöffnet für eine Welt, die damals in Österreich kaum jemanden interessierte: das Europa hinter dem Eisernen Vorhang. Busek war Vizebürgermeister in Wien. Als solchem stand ihm laut Verfassung zwar ein Gehalt, aber keine Aufgabe zu. So packte er denn in regelmäßigen Abständen einen Kleinbus mit Journalistinnen und Journalisten voll und brach in Gegenden auf, wo Österreich Spuren hinterlassen hatte.

Trotz zahlreicher Dioptrien fuhr der Rastlose selbst. Mit überhöhter Geschwindigkeit preschte er durch osteuropäische Straßendörfer, Gänse, Hühner und Hunde stoben in Panik auseinander. Wir klammerten uns ängstlich an die Haltegriffe und hofften, die Fahrt heil zu überdauern. Während der Fahrt wies uns Busek wie ein guter Reiseleiter auf gemeinsame Wurzeln hin, auf die Ähnlichkeit der Architektur und mancher Bräuche. In seinen Erzählungen schrumpften die bleiernen Jahre der kommunistischen Herrschaft zu einer überschaubaren Zeitspanne, zu einer Anomalie, deren Ende in den Bereich des Vorstellbaren rückte.

Busek reiste nie offiziell, Begegnungen mit Vertretern der Regierung sind mir nicht in Erinnerung. Die kamen später, als unsere Gastgeber an die Macht gekommen waren. Damals aber besuchten wir Menschen, die in ihrem Land geächtet waren und nach allen Regeln der Logik auch in der näheren Zukunft keine Rolle spielen würden. Sie mussten wegen ihrer Überzeugungen Repressalien erdulden, lebten meist in ärmlichen Verhältnisse und Besserung schien nicht in Sicht.

Busek aber war überzeugt, dass auch für sie gelten müsse, was uns selbstverständlich schien: Lebensstil und Denken frei wählen zu können. Er war entschlossen, die Teilung des Kontinents nicht zur Kenntnis zu nehmen und koste es stundenlange Wartezeiten an Grenzen, die heutige Reisende gar nicht mehr kennen. Die Lehre für uns, im Rückblick betrachtet: Verhältnisse können sich bessern, wenn man daran glaubt und für seine Überzeugung etwas riskiert. Dafür bin ich Erhard Busek dankbar.