Das Wortgefecht zwischen dem Kanzler, seinem Außenminister und dem türkischen Außenminister ist der vorläufige Höhepunkt einer seit Jahren schwelenden Eskalation zwischen Ankara und der EU. Mit Unverständnis schaut man auf die Wandlung des Staates, der mit einem kleinen Teil zu Europa, überwiegend aber zu Asien gehört – geografisch gesehen. Denn politisch empfand sich die Türkei viele Jahrzehnte Europa stärker zugehörig als den Nachbarn. Doch Recep Tayyip Erdoan hat die säkularisierte und weltoffene Türkei verändert, hat den Islam wieder in den Mittelpunkt gerückt, die Konfrontation mit den Nachbarn verschärft, auch weil sich Erdoan in seinem Hegemonialdenken eher an Teheran, Riad und Kairo orientiert als an Berlin, Wien oder Paris. Er will die Türkei als Regionalmacht im Nahen und Mittleren Osten etablieren. Die EU ist weit weg.