Wenn das fruchtlose politische Gezerre der letzten Wochen etwas Gutes hat, dann das: In der breiten Bevölkerung ist die Botschaft angekommen, dass der Staat finanziell auf der Kippe steht. Alle wissen, dass wir uns das plan-, gedanken- und nutzlose Hinauswerfen von Steuergeld, wie es sich schleichend eingebürgert hat, nicht mehr leisten können.
Den drei Parteien, die eine Regierung zimmern wollen, soll man den guten Willen zur Besserung nicht absprechen. Aber eine hohe Hürde bleibt: Sie wissen nicht, wie man Geldquellen drosselt, und noch weniger, wie man das den Wählern vermittelt. Mindestens zwei von ihnen, ÖVP und SPÖ, waren jahrzehntelang nur das Zuckerlverteilen gewöhnt. Ihre Heerscharen aus Mediensprechern und Kommunikationsberatern sind ratlos, wenn sie plötzlich eine unangenehme Wahrheit erklären sollen: dass die Party vorbei ist und der Wirt nun mit der langen Rechnung zur Tür hereinschlurft.
Also verharren sie lieber im altbewährten Wurf von Nebelgranaten. Besonders schlecht macht es die ÖVP. Zuerst hat sie das Wahlvolk bezüglich der Haushaltslage dreist belogen und erfolglos einen „Keine neuen Steuern“-Wahlkampf gemacht. Jetzt beugt sie sich mit langer Schrecksekunde der Macht des Faktischen. Doch auch die SPÖ hat einen langen Weg vor sich. Ihr Dogma „Die Reichen sollen zahlen“ ist ebenfalls nur ein dünner Taschenspielertrick.
Ein Generalstreik droht
Will man nämlich neue Steuern erfinden, dann müsste zuerst das Thema Leistung neu besprochen werden. Zwingende Voraussetzung wäre das Umsetzen der alten Sonntagsrede, wonach „der Faktor Arbeit entlastet“ werden soll. Denn auch bei Arbeitsbereitschaft und Steuermoral stehen wir längst an der Kippe: Werden die werktätigen Menschen einseitig noch mehr abkassiert, dann droht eine Art Generalstreik durch Teilzeit, Karenz, Sabbatical und Sozialstaatskarriere. Nicht nur die Staatskassa, sondern Gesellschaft und Wirtschaft sind dann umfassend funktional bedroht.
Neue Steuern können daher kein Budget sanieren, sondern höchstens die momentan einseitigen Lasten besser ausbalancieren, ohne dass dem Staat mehr davon bleibt. Verantwortungsvolle Budgetsanierung kann nur als Staatsdiät gelingen. Zuerst müssen die Ausgaben deutlich sinken, also kein Handwerker- und Klimabonus, keine ausufernde Bildungskarenz, Durchforstung aller Subventionen, dazu Pensions- und Gesundheitsreform.
Das Wort „Treffsicherheit“ ist zwar als inflationäre Politfloskel beschädigt, hätte aber schon einen wichtigen Sinn. Auch brauchen wir das radikale Abspecken der teuren (Sozial-)Bürokratie. Das hieße: keine unnötigen Formulare, Berichtspflichten, Auflagen, Verordnungen, stattdessen Selbstregulierung wo immer es geht.
Es wäre ein Wunder ohne Präzedenzfall, brächte ausgerechnet die erste Drei-Parteien-Koalition seit 8. November 1949 die politische Herkulesaufgabe eines wirklichen Sparkurses zustande. Und noch unwahrscheinlicher wäre, dass solch gedeihliches Handeln von den Wählern belohnt würde. Es bleibt zugleich die Chance und die Achillesferse der repräsentativen Demokratie, dass Politiker mit Weitblick riskieren müssen, sich für ein gemeinschaftsdienliches, zukunftsfestes Programm notfalls abwählen zu lassen.