Der Zirkus ist in der Stadt. So ein leibhaftiger, in dem es unter den rot-weiß-gestreiften Zeltplanen gleich angenehm süß nach Zuckerwatte, Sägespänen und Abenteuern riecht. Während dieser Duft der Erinnerung standhält, hat sich die restliche Erlebniswelt radikal verändert: Der dezent geschminkte Clown ist schon mehr Comedian als Harlekin, die Wildtier-Nummer wurde von einer niedlichen Hundeshow abgelöst und zu hart wummernden Discobeats schwingen langmähnige, furchtlose Sportakrobatinnen durch die Manege. Die Kinder jubeln über die Tricks der Mountainbiker – wir Eltern mögen morgen unbedingt flach am Boden liegen bleiben, damit sie uns auch mit den Rädern überspringen können. Glücklicherweise ruft die Pause und man bietet gegen Aufzahlung Ponyreiten, Streichelzoo und schicke Selfies für die Social Media-Kanäle. Ganz offensichtlich hat das fahrende Volk die Jonglierkunst perfektioniert und seinen Mikrokosmos kompromisslos weitergedreht: Man geht lieber mit der Zeit, bevor es endgültig Zeit ist, zu gehen.