Immer dann macht sich Entsetzen breit, wenn etwas über einen Menschen ruchbar wird, das in Abgründe hinab leuchtet und mit dem Bild, das man von einem hat, auf das Äußerste kontrastiert. Das gilt besonders für Menschen, die in der Öffentlichkeit stehen und durch ihr Wirken Ruhm erworben haben. Der Burg- und Filmschauspieler Florian Teichtmeister war so jemand.

Er war es, denn der, der er war, kann er nun nicht mehr sein. Der Bruch der Fassade lässt dies nicht mehr zu. Schauspieler reifen dann zu Größe, wenn sie durch die Intensität ihres Spiels mit den Figuren, die sie darstellen, eins werden. Das Publikum vertraut sich dem Verwandelten und seiner Verwandlungskunst an. Das ist ein intimer Akt. Nicht nur die Distanz zwischen Schauspieler und Rolle hebt sich auf, auch die zwischen Künstler und Zuschauer. Das alles geht jetzt nicht mehr.

Wie eine Barriere schiebt sich das Enthüllte dazwischen. Sich über so viele Jahre hindurch Zehntausende Darstellungen sexuell missbrauchter Kinder aus der Dunkelkammer des Internets anzueignen und zu horten, um seinen Trieben nachzugeben, ruft Abscheu hervor. Man muss dieses Gefühl nicht hochpeitschen, es reicht das Wissen, dass es Schutzlose sind, die missbraucht wurden und durch das massenhafte Konsumieren von neuem entwürdigt werden, von Mal zu Mal. Beides ist kein Vergehen, sondern ein Verbrechen. Das deutsche Strafrecht nennt es so.

Der Fall bietet weitere Anhaltspunkte für tiefe Verstörung. Dazu zählt der Versuch, die Schwere zu relativieren. So führte Michael Rami, Anwalt des Schauspielers, ins Treffen, dass es sich um ein "rein digitales Delikt" handle. Damit wird suggeriert, dass das Verwerfliche nur passiver Natur gewesen sei. Das ist unwürdig, erst recht eines Juristen, der Verfassungsrichter ist. Das eine Mal argumentiert er im Interesse eines Geächteten aus dem Unterholz, das andere Mal hält er über der Baumgrenze Wache. Selten trat die Unverträglichkeit der beiden Rollen so schmerzhaft zutage.

Anlass zu kritischen Anfragen an sich selbst hat auch der Kulturbetrieb. Auch wenn das Ausmaß erst jetzt zur Gewissheit wurde: Gerüchte wucherten seit Monaten, nicht nur an der Burg, auch im ORF und am Set. Sie zirkulierten im diffusen Licht der Mauschelei. Ihnen auf den Grund zu gehen, kam niemandem in den Sinn. Auch dann nicht, als Zeitungen im Herbst über Ermittlungen gegen einen "Schauspiel-Star" im Umfeld eines prestigeträchtigen Wiener Theaters berichteten. Der durfte weiter mit Kindern drehen, Minderjährigen, die er abzulichten pflegte, um die Fotos pornografisch zu bearbeiten – was man halt so ein "rein digitales Delikt" nennt. Der Schleier falschen Korpsgeists beförderte eine Kultur des Wegschauens sowie toxisch männlicher Deutungen: der Verdacht, ein weiblicher Rachefeldzug. Das "Entsetzen" der Ahnungsvollen: Es riecht nach schlechter Darstellungskunst.