Der Schwedenplatz. Für Wiener steht die Adresse für Eis. Menschentrauben drängen sich in normalen Zeiten vor dem langen Tresen, hinter dem ein Heer emsiger Verkäuferinnen die cremige Masse in Tüten und Porozellschachteln spachtelt. Der Frühlingstag, an dem am Schwedenplatz wieder Eis ausgegeben wird, ist ein Datum von Relevanz in Wien.

Gestern im Abendlicht vor dem Eisladen. Sieben Menschen stehen in einer 15 Meter langen Schlange quer über den Platz verteilt und warten. Ein Schild informiert über die Geschäftsbedingungen: Abstand halten beim Anstellen, nur einzeln eintreten und vorher die Maske übers Gesicht ziehen. Alle halten sich daran, schicksalsergeben. Lächelnd ziehen zwei Polizisten auf dem Platz ihre Runde. Alles normal, kein Grund, einzuschreiten.

Mochi, das wunderbare, immer zu kleine Sushi-Lokal auf der anderen Seite des Donaukanals, kann seine Gäste noch nicht bewirten. Man hilft sich anders. Ein paar Plastikkisten mit japanischen Schriftzeichen drauf stehen vor dem Eingang, eine goldene Plastikkatze winkt mit der Pfote. Laufkundschaft kann hier Speisen bestellen. Niemand stellt sich an. Die Vapiano-Filiale daneben ist bankrott, das Puff am Straßeneck gesperrt, seit 15. 3., wie der Zettel auf der Tür verrät. Neue Normalität.

Heute um 10 Uhr werden Ministerin Susanne Raab und Kardinal Christoph Schönborn bekanntgeben, wie die neue Normalität für Religionen aussehen wird. Hans Peter Premur, Pfarrer in Krumpendorf, findet es merkwürdig, dass das Thema erst jetzt zur Sprache kommt. Er wundert sich, dass es weder für die Politik, noch für Medien, ja nicht einmal für seine eigene Kirche ein Problem zu sein schien, was doch der größte Einschnitt im Gemeindeleben seit dem Zweiten Weltkrieg ist. Baumärkte sind offen, Eis gibt’s und Sushi to go, aber Gottesdienste nicht? Er hat sein Erstaunen, seine Besorgnis zu Papier gebracht, lesen Sie selbst. Der heutige Termin wird wohl keine Antwort auf seine Fragen bringen. Aber wer weiß, wir übertragen live, für alle Fälle.

Einen Donnerstag so normal wie möglich wünscht Ihnen