Leserbriefe zu Leitartikel „Jetzt steht Putin unter Druck“, 13. 3.
Europa steht vor einer Herkulesaufgabe, die seit dem Berliner Mauerfall versenkte militärische Verteidigung wieder aufzubauen, um Putins Bedrohung der europäischen Demokratien infolge des Ukrainekrieges abzuwehren. Der französische Senator Claude Maulhuret hielt unter tönendem Applaus eine historische Rede im Senat. Washington sei zum Hof eines zündelnden Kaisers Nero geworden, mit seinen unterwürfigen Höflingen und einem Hofnarren (Musk).
Trump verteidigt statt seine Verbündeten den Aggressor Putin und glaubt, China einzuschüchtern, wenn er sich mit Putin ins Bett legt. Noch nie gab es in der US-Geschichte einen vor dem Aggressor kapitulierenden US-Präsidenten, der noch dazu mit seinen Erlassen die US-Verfassung täglich mit Füßen tritt. Auch die US-Börsenkurse, insbesondere Tesla, befinden sich bereits im tiefen Fall. Ich vertraue auf die Stärke der westlichen Demokratien, Russlands Wirtschaft steht entgegen der Kreml-Propaganda ohnedies am Rande des Abgrundes.
Wir müssen uns moralisch und militärisch einschließlich der Ukraine wieder aufrüsten und Härte gegen Totalitarismen des 21. Jahrhunderts zeigen, um Demokratie und Freiheit vor mafiosem Oligarchentum zu retten. Angst dagegen wäre ein schlechter Ratgeber. Dr. Ewald Bauer, Graz
Gefährdeter Wohlstand
Über die inhaltliche Unlogik unserer Neutralität wurde schon vieles geäußert, ein Aspekt sollte aber nicht übersehen werden. Auf Basis der Neutralität hat sich Österreich auch ein Waffenexportverbot auferlegt, das auch unseren Wohlstand untergräbt. Wenn Europa sich wieder aufrüsten muss, wird Österreich nicht die Ansprechstelle für die Einkäufer sein, weil wir eben mangels entsprechender Exporte nicht in der Lage waren, entsprechende Forschungs-, Entwicklungs- und Produktionskapazitäten aufzubauen.
Österreich wird auch wieder Milliarden aufbringen, um moderne Waffensysteme im Ausland zu beschaffen, und keine nennenswerten Volumina exportieren können. So werden wir auch einen Teil unseres Wohlstands der heiligen Kuh Neutralität opfern. Herbert Jöbstl, Graz
Kein Schutz
Ich bin mir sicher, dass es Trump und Putin nicht interessiert, dass Österreich neutral ist, falls sie bei uns einmarschieren wollen und vor unserer Grenze stehen bleiben. Helga Gutschi, Graz
Nichts Neues
Schon in seiner ersten Amtszeit hat Präsident Trump erklärt, dass die USA sich aus der Nato zurückziehen werden. Außerdem hat De Gaulle schon in den 1970er Jahren darauf hingewiesen, dass Europa sich auf sich selbst besinnen soll, und die Mitgliedschaft der USA hinterfragt. Scheinbar hat man verlernt, zuzuhören und zu reagieren, denn der Wohlstand hat träge gemacht. Martha Pesec-Foltin, Liezen
Schnelles Handeln
Endlich hat die EU auf die laufenden Repressalien Trumps und Putins mit deutlichen Ansagen an beide reagiert. Trump interessiert die Nato nicht. Sie hat für die USA keine Bedeutung. Sollte Putin den Krieg gewinnen, sind auch das Baltikum und Finnland gefährdet. Lieber ein Ende mit Schrecken als ein Schrecken ohne Ende! Bisher war die Gegenwehr zu halbherzig und machte den Eindruck von Hilflosigkeit. Deutschland, Frankreich und England haben die militärische Basis, im Verbund mit den übrigen EU-Ländern, dem Aggressor Putin die Stirn zu zeigen. Leider sind die finanziellen Möglichkeiten für die nötige militärische Aufrüstung eingeschränkt. Eine Sondersteuer für die eigene Sicherheit würde von den meisten EU-Bürgern akzeptiert werden.
Selenskyj müsste man auch militärisch unterstützen. Es geht nicht, dass Putin von fremden Despoten Soldaten zur Verstärkung holt und bei der Einmischung der Nato mit einem Atomkrieg droht. Da wären zum Beispiel Frankreichs Fremdenlegion und ähnliche EU-Truppenverbände gefragt. Es ist bei all diesen Überlegungen Eile geboten, da Putin, bedingt durch die wachsenden Widerstände im eigenen Land, den Krieg rasch zu seinen Gunsten, mit möglichst viel Landgewinn, beenden möchte. Hermann Wellisch, Kapfenberg
Bloßgestellt
Die Bereitschaft Selenskyjs zu einem einmonatigen Waffenstillstand stellt mit einem Schlag die Großmächte Russland und USA bloß, die sich, fast analog zum Hitler-Stalin-Pakt, darüber verständigt haben, der Ukraine Bodenschätze zum Eigenbedarf zu entreißen. Wir Europäer würden bei diesem Deal leer ausgehen, sollten uns aber dankbar zeigen, dass die Ukraine für unsere postheroische Wehrlosigkeit einspringt. Denn zu dem ukrainischen Blutzoll, der vielleicht in Zukunft Russland daran hindern wird, weitere Länder in Besitz zu nehmen, würde sich derzeit kein EU-Staat bereitfinden.
Auf einer im vorigen Sommer absolvierten Rundreise durchs Baltikum fiel mir auf, dass bis auf ein paar Plakate vor der russischen Botschaft in Tallinn nicht der Ansatz eines Protests gegen die russische Aggression zu bemerken war. Dazu versuchte uns die aus Litauen stammende Reiseleiterin davon zu überzeugen, dass es in erster Linie die Widerspenstigkeit der Ukraine sei, die den Frieden verhindere. Ich war sprachlos, bis Trump dieses infame Argument wiederholte und Putin eine Generalabsolution für die kriegerische Zerstörung eines ganzen Landes erteilt hat.
Franz Zeder, Deutschlandsberg