Wer sich über erfreuliche Neuigkeiten freut, sollte sich unbedingt bei der produzierenden Wirtschaft umsehen. Die war vielleicht in dunkler Vorzeit böse, aber das ist lange vorbei. Heute ist sie, wie aus jeder Ökobilanz erhellt, ausschließlich für das Gute, Schöne und Wahre zuständig. Ob Kleidung, Autos oder Essen, alles wird ressourcenschonend von glücklichen Bio-Arbeitnehmern aus Freilandhaltung vegan bei grünem Vollwert-Vollmond erzeugt, fair gehandelt, klimaneutral transportiert, energiesparend betrieben, müllvermeidend repariert sowie rücksichts- und rückstandslos dem ewigen Stoffkreislauf zugeführt. Selbst die kleinste Verkettung in Lieferketten ist ungeniert inszeniert, dokumentiert, klassifiziert, verifiziert und oft sogar „zerti-verziert“ mit blitzsauberen Grün-Labeln, die sich gewaschen haben. Denn ohne Label hat keiner ein Leiberl.

Für kundige Kunden hat das Nachteile. Seit die ganze Wirtschaft grün ist, muss ich emsig konsumieren, um die Umwelt zu schützen, die Artenvielfalt zu wahren, den Energieverbrauch zu senken und den Klimawandel zu stoppen. Täglich trinke ich brav meinen Kaffee im Schnellrestaurant – glauben Sie etwa, die Gschluderbrühe schmeckt mir? Ich mache das nur, weil‘s dem Regenwald hilft. Steht auf dem Becher. Ich kaufe auch jede Menge unnötige Kleidung, damit die gerecht entlohnten Textilarbeiter in Bangladesh ein schönes Leben haben. Es geht um eine bessere Welt, und irgendwer muss sich ja darum kümmern.