Eines vorweg: Wer nach St. Gallen reist, muss nicht A, sondern B sagen. Und zwar am besten gleich mehrere Male. Denn auf ihre kulinarischen Bs sind die Bewohner der rund 80.000-Einwohner-Stadt südlich des Bodensees sehr stolz. So sollte jeder Besucher eine traditionelle Bratwurst essen. „Aber ohne Senf“, erklären die Einheimischen sofort. Dafür aber mit einem knusprigen Bürli (Brötchen). Dazu sollte man ein kühles Bier trinken, denn das Bierbrauen hat in St. Gallen Tradition. Als Nachspeise wartet dann ein süßer Biber aus Honig, Mehl, Zucker und Gewürzen.

Wie sehr die St. Galler ihre Bs schätzen, merkt man übrigens gleich bei einem Spaziergang durch die bezaubernde Innenstadt: Es gibt Bratwurst und Biber in Form von Christbaum-Kugeln sogar im Sommer zu kaufen.
In St. Gallen ist es aber eigentlich viel zu schade, beim Flanieren in den vielen Gässchen nur in die Auslagen der Geschäfte zu blicken. Vielfach fühlt man sich dank der farbenfrohen und malerisch verzierten Hausfassaden in die Kulisse eines Historienfilms versetzt. Sehr oft sieht man an den Häusern auch auffällig verzierte Erker – früher ein Statussymbol Wohlhabender, die ihr Geld in der Textilindustrie gemacht haben.

Denn dafür ist St. Gallen ebenso berühmt: Stoffe und vor allem Spitze. So wurde etwa das Hochzeitskleid von Amal Clooney mit St. Galler Spitze verziert. Ein Ausflug ins bereits 1878 gegründete Textilmuseum lohnt sich daher, um einen Blick in die interessante Geschichte der Stadt und auf wunderbar verzierte Stoffe zu werfen. Derzeit findet dort zudem die Ausstellung „Mode Circus Knie“ statt, in der Kostüme des Zirkus Knie von 1900 bis heute präsentiert werden. Nicht nur modisch, sondern auch zeitgeschichtlich ein wahrer Blickfang.

Liebhaber von alten Büchern kommen auf ihre Kosten

Wobei es daran in St. Gallen wahrlich nicht mangelt. Besonders Liebhaber von alten Büchern kommen in der Stiftsbibliothek, die – genauso wie die prächtige Stiftskirche – zum Unesco-Weltkulturerbe zählt, auf ihre Kosten. Insgesamt über 2100 Handschriften, teils aus dem 11. Jahrhundert, befinden sich im Schatz der Sammlung, eine Auswahl kann im beeindruckenden Barocksaal besichtigt werden. Sehr imposant ist auch der 1200 Jahre alte St. Galler Klosterplan im Stiftsarchiv, die älteste überlieferte Architekturzeichnung des Abendlandes. Zu seinem Schutz darf der Plan jedoch nur 20 Sekunden betrachtet werden, bevor er wieder in einer Ausbuchtung versenkt wird.

Nach diesem einzigartig historischen Erlebnis lohnt es sich auf jeden Fall, die Eindrücke gemütlich in einem der vielen Gastgärten, die über die ganze Stadt verteilt sind, ausklingen zu lassen. Eine große Zahl an Restaurants, Cafés und Bars laden zum Verweilen ein. Und zum Durchatmen in dieser mit Historie geladenen Stadt – die umgeben von Bergen und Wäldern zur Entschleunigung in der hektischen Gegenwart bittet.