An Tagen mit richtig klarem Himmel kann man von der Burgruine Devín aus in die Fenster Wiens schauen“, sagt nicht nur ein Sprichwort in Bratislava: So sieht es auch Blanka Corná, Reiseführerin, und selbst in der slowakischen Hauptstadt daheim. Zehn Kilometer außerhalb des Zentrums erhebt sich die Ruine, die erste beeindruckende Landmarke nach der Grenze zur Slowakei bei Kittsee. Wenige Kilometer und nur gefühlte Augenblicke später zeichnen sich die Umrisse von Bratislava am Horizont ab. „Wien und Bratislava sind die zwei zueinander am nächsten gelegenen Hauptstädte in Europa“, bemerkt Corná. Und das hat wohl nicht nur mit der geografischen Lage der beiden Metropolen an der Donau zu tun. Historisch sind Österreich und die Slowakei ebenfalls stark verbunden.

Ein enger Draht

Und der Draht ist nach wie vor eng. „Ganz viele Leute aus Bratislava pendeln täglich nach Wien, um zu arbeiten“, erzählt Corná. Umgekehrt sei das eher selten der Fall. Aber für Touristen sei die Hauptstadt der Slowakei sehr reizvoll. „Der schönste, aber auch der teuerste Weg von Wien nach Bratislava ist mit dem Schiff die Donau entlang“, empfiehlt Corná. Mit dem Auto ist aber auch alles im Fluss, sofern man nicht gerade zu Stoßzeiten aufbricht, wo der Begriff Entschleunigung einen ganz anderen Beigeschmack bekommt.

Anziehende Gegensätze

Auf den ersten Blick offenbart Bratislava eines klar: Gegensätze ziehen sich vielleicht an – anziehend sind sie allemal. Schon die Skyline setzt mit Kontrasten zwischen Neuem und Altem auf optische Hochspannung. Nicht nur die Burg Bratislava sticht sofort ins Auge, zeugt von einer bewegten Geschichte. Über dem Pfeiler der Brücke des Slowakischen Nationalaufstandes – der Most SNP – thront die Ufo-Bar, die so futuristisch anmutet, wie ihr Name es verspricht. Beeindruckend spannt sich auch die Apollobrücke über den Fluss – die neueste Brücke Bratislavas. Und ebenso ultramodern zeigt sich das Einkaufszentrum Eurovea mit seinen kühn gewölbten Glasfronten.

Ein Blick zurück: The Oldest Shop in Town
Ein Blick zurück: The Oldest Shop in Town © Andreas Schöberl-Negishi

Kleine, große Stadt

Warum sich Bratislava gern auch „kleine große Stadt“ nennt, ist einem bald klar, wenn man von den geraden, modernen Linien abbiegt, das Auto stehen lässt und in die schmalen Gassen und schmucken Piazzas der historischen Altstadt eintaucht. Weit sind sie nicht, die Wege, bieten jedoch eine Menge an Zerstreuung und die besten Möglichkeiten, in einem der unzähligen Gastgärten der Lokale, Bars und Pubs mit Freunden zu plaudern und ein kühles Bier zu heben. „Die Innenstadt ist ein einziges Lokal. Vor allem im Sommer“, meint Corná scherzhaft. Und sogar bei sanftem Schnürlregen tummeln sich Gäste unter den Schirmen – wie auch in der Weißen Gasse, deren Häuserfronten bei jeder Krönung eines Königs mit frischer Farbe versehen wurden. Vier verschiedene Rituale musste das neue Oberhaupt früher bei der feierlichen Prozession durchlaufen, bevor er die Stadt durch das Michaelertor verließ. Dieses ist das einzig erhaltene Tor der mittelalterlichen Stadtbefestigung. Heute markiert es ein wenig auch den Eingang zur Partymeile für die jungen Nachtschwärmer.

Feines Essen und gemütliches Ambiente: Das Café-Restaurant Zylinder
Feines Essen und gemütliches Ambiente: Das Café-Restaurant Zylinder © Andreas Schöberl-Negishi

Musik liegt in der Luft

Musikalische Fußnoten gibt es im Herzen der Stadt auf Schritt und Tritt. Schon im zarten Alter von neun Jahren hat Franz Liszt in einem Palais ein Konzert gegeben. 1820 war das. Nur wenige Jahre darauf war der Künstler in Paris in den Gehörgängen. Ein Relief mit Liszts kantigem Profil an der Hauswand ist nicht zu übersehen. 1762 gab Mozart an der Geige zusammen mit der Schwester am Klavier ein erstes Privatkonzert. Heute gibt es in dem Stadthaus Smoothies, Raw Rice und veganes Essen in einem Bistro. So schmeckt der urbane Lifestyle.

Ein paar Schritte weiter steht der Keglevich-Palast: Anna Luisa Gräfin Keglevich de Buzin – genannt Babette – war Schülerin von Ludwig van Beethoven, der der Dame Privatunterricht gab. „Eine slowakische Musikwissenschaftlerin musste sich intensiv mit dem Thema befassen, um diesen Teil von Beethovens Biografie ans Tageslicht zu bringen“, erzählt Corná. Die romantischen Zwischentöne klingen nach – als Musik in den Ohren klassischer Musikliebhaber: Beethoven widmete Babette eine Klaviersonate und ein Klavierkonzert.