Millionen Gäste suchen in Freizeitparks jedes Jahr das kleine Abenteuer. Einer der ältesten, der Kopenhagener Tivoli, feiert gerade seinen 175. Geburtstag. Hier spürt man früh, ob das Geld in Europa locker sitzt oder nicht.

Auf der Achterbahn weht zwar immer ein frisches Lüftchen. Die richtig heißen Sommertage mögen die Betreiber der großen Freizeitparks in Europa trotzdem nicht so gern. Denn wenn die Sonne brennt, ist die Konkurrenz groß: Freibad, Badesee, Strand. "Die Besucherzahlen sind derzeit einen Tick verhaltener, weil es so warm
ist", sagt eine Sprecherin von Deutschlands Freizeitpark-Riesen, dem Europapark Rust. Möglich, dass ausgerechnet das schöne Wetter einen Dämpfer in der diesjährigen Bilanz hinterlässt.

Umsatz: 5 Milliarden Euro

Millionen Gäste suchen in Europas Freizeitparks jedes Jahr ein
kleines Abenteuer - nach einigen Krisenjahren brummt das Geschäft
mit dem Nervenkitzel wieder. Besucherzahlen sind die Währung, die
zählt. Nach Angaben des Branchenverbands IAAPA verkauften die 307
Themen- und Vergnügungsparks auf dem Kontinent mit ihren
Achterbahnen, Shows und Wasserrutschen zuletzt jährlich rund 150
Millionen Tickets. Sie machten einen Umsatz von fast 5 Milliarden
Euro und beschäftigten mehr als 50.000 Menschen.

Einer der ältesten Parks weltweit, der Tivoli in Dänemarks
Hauptstadt Kopenhagen, feiert gerade seinen 175. Geburtstag. Jeden
Tag zieht eine große Parade durch den Park. Trotz heißer Sommertage
seien die Besucherzahlen heuer überraschenderweise nicht
eingebrochen, sagt Sprecherin Ellen Dahl. "Gerade läuft es richtig
gut."

Das kann auch daran liegen, dass das Geld in Dänemark derzeit
locker sitzt. Freizeitparks wie der Tivoli spürten konjunkturelle
Auf- und Abschwünge - bevor sie den großen Instituten auffielen,
sagt Dahl. "Unsere Zahlen leiden bei einer Krise noch vor denen in
der Welt. Hier ist einer der Orte, wo die Leute als erstes sparen",
hat die Tivoli-Historikerin in den vergangenen zehn Jahren
beobachtet. "Doch wir merken auch als erste, wenn es wieder
andersrum geht." Ein Besuch im Freizeitpark, das sei einer der
ersten kleinen Luxusmomente, den man sich gönne, sobald man ihn sich
wieder leisten könne.

Tivoli: 2017 bestes Jahr aller Zeiten

Derzeit zeigt das Tivoli-Konjunkturbarometer nach oben. 2017
meldete der dänische Freizeitpark trotz eines verregneten Sommers
mit weniger Besuchern das beste Resultat seiner langen Geschichte.
Der Umsatz stieg auf 947,4 Mio. Kronen (127,1 Mio. Euro), unter dem
Strich blieben fast 80 Mio. Kronen als Gewinn übrig - um 4,2 Prozent
mehr als im Vorjahr. Heuer versprechen die Besucherzahlen nach
Tivoli-Angaben noch bessere Ergebnisse.

Auch weltweit sind Freizeitparks im Aufwind: Nach Angaben des
Verbandes TEA wuchsen ihre Besucherzahlen im Schnitt um 8,6 Prozent,
vor allem dank einer sprunghaften Entwicklung in China. Doch auch
die 20 größten europäischen Parks legten im Schnitt um 3,4 Prozent
zu.

Die weltweit größte Freizeitpark-Destination bleibt Florida. Hier
lockt allein Weltmarktführer Disney World jedes Jahr mehr als 20
Millionen Besucher an. Der Europapark im deutschen Rust - in Europa
immerhin zweitgrößter Park - liegt im weltweiten Vergleich mit 5,7
Millionen Besuchern lediglich auf Rang 21, der Tivoli mit 4,6
Millionen knapp dahinter.

Und das, obwohl der Tivoli im vergangenen Jahr noch immer ein
Saisongeschäft betrieb: Zwischen Silvester und Ende März blieb der
Park geschlossen, genauso für einen Monat im Herbst. Im
Jubiläumsjahr wurde zum ersten Mal eine Frühjahrssaison getestet.
"Die Strategie eines jahrumspannenden Geschäfts scheint erfolgreich
zu sein", sagt Aufsichtsratschef Jørgen Tandrup.

Doch auch sonst unterscheidet sich der Tivoli mit seiner
175-jährigen Geschichte von Parks wie dem im deutschen Rust. Er
liegt mitten in der dänischen Hauptstadt, direkt neben dem Rathaus -
mit dem Vorteil, dass fast jeder Tourist einen Besuch einplant und
dem Nachteil, dass er nicht expandieren kann. Die Fahrgeschäfte
können nicht beliebig wachsen und immer spektakulärer werden. Noch
immer fährt hier dafür die mehr als 100 Jahre alte
Holz-"Rutschebanen", eine von weltweit nur einer Handvoll
Achterbahnen, in denen noch ein menschlicher Bremser mitfährt.

Doch nicht einmal jeder dritte Besucher im Tivoli probiert die
Fahrgeschäfte überhaupt aus. Die meisten, sagt Dahl, kämen zum
Flanieren, zu Konzerten, zum Essen, wegen der Blumen-Arrangements
oder einfach, um am Nachmittag auf der Wiese das mitgebrachte
Picknick zu genießen. Ein Überbleibsel, gewachsen aus der langen
Geschichte.

Der Tivoli macht sein Geschäft auch heute also längst nicht nur
mit dem Nervenkitzel. Das Unternehmen besitzt Restaurants und ein
Hotel, die das ganze Jahr über auch unabhängig vom Parkbesuch
genutzt werden können. Auch der Europapark in Rust hat ein Hotel mit
4.500 Betten - nach eigenen Angaben ein "stabiler Faktor" auch
jetzt, wenn wegen der Hitze weniger Besucher in den Park kommen.