Ikonen auf Schienen: Cable Cars
Die Kabelstraßenbahnen sind das touristische Aushängeschild von San Francisco, und man stellt sich stundenlang an, um für teures Geld einmal von der Drehscheibe Powell und Mason Street in Richtung Fisherman’s Wharf bummeln zu dürfen. Samt kurzem Halt am oberen Ende der berühmten Lombard Street, von der sich die Autos langsam über die kurvige, enge Straße nach unten schrauben. Wirklich tauglich für den Alltagsverkehr sind die Cable Cars allerdings nicht – da fährt man besser mit den ebenfalls historischen Fahrzeugen der elektrischen Straßenbahn, mit der Schnellbahn (BART) – vorzugsweise zum Flughafen und retour – oder mit dem Bus. Die sind in der quadratisch strukturierten Stadt einfach genial: Meist fährt ein Bus die eine Straße hoch und ein anderer die nächste Straße runter. Die meisten Linien sind rund um die Uhr im Dienst. Im Drei-Tages-Besucher-Pass sind auch die Cable Cars inkludiert.
Golden Gate und Alcatraz: Radtour in der Bucht
Jeder, der die „Straßen von San Francisco“ noch aus der alten Fernsehserie kennt, weiß: Der Weg durch die hügelige Stadt zu Fuß oder mit dem Rad ist schweißtreibend. Der Drahtesel ist jedoch das ideale Gefährt, um entlang der Piers hinaus ins Presidio zu pilgern und von dort aus die Golden Gate Bridge zu erkunden. Ein Radweg führt bis hinüber in den beliebten Ausflugsort Sausalito und ein Schiff von dort zurück in die Stadt. Samt Ausblick auf Alcatraz, die ehemalige Gefängnisinsel. Vom Pier aus gibt es Touren hinüber zur Insel – es empfiehlt sich, sie rechtzeitig online zu buchen. Nach Sausalito sind es rund 15 Kilometer – Schal und Pulli sind immer dabei, über der Bucht kann es zu allen Jahreszeiten ziemlich kühl werden.
Hotspot am Hafen: Fisherman’s Wharf
Wie immer herrscht dichtes Treiben an den Piers, die sämige Muschelsuppe (Clam Chowder) findet reißenden Absatz und auf der Bühne unterhält ein Clown sein junges und nicht mehr ganz so junges Publikum. Nur die Seelöwen auf Pier 39 machen sich diesmal rar: Es ist nicht ihre (Jahres)-Zeit. Aber die Stadtväter haben vorgesorgt: Auf anschaulichen Tafeln werden alle zu erwartenden Fragen vorsorglich beantwortet: Wann können wir besonders viele Seelöwen sehen? Vom Spätsommer bis um Spätfrühling. Seit wann fühlen sie sich hier zu Hause? Seit 1990. Warum versammeln sich jährlich hunderte Seelöwen ausgerechnet hier? Wohl wegen des Fischreichtums und dem Schutz vor ihren natürlichen Feinden, den sie in der Bucht genießen. Die ersten tauchten kurz nach einem Erdbeben auf, am meisten wurden im November 2009 gezählt – 1701 an der Zahl.
Zeitreise am Pier: Mechanical Museum
Das „Musée Mécanique” am Pier 45 präsentiert mehr als 200 intakte Spiel- und Musikautomaten, darunter auch einen Wurlitzer aus Wien. Es wird von einer Familie geführt, Gründer Edward Galland Zelinsky entwickelte im zarten Alter von elf Jahren seine Leidenschaft für die Automaten: Es begann mit einem Geschicklichkeitsspiel, in das Münzen einzuwerfen waren und das er um fünf Cent erwarb. Die Cents, die er, seine Freunde und Verwandten einwarfen, sparte er und kaufte Slotmaschinen, Automaten mit Figuren, die tanzten, Musikautomaten, ein Seeburg-Piano, Vorläufer der späteren Jukebox. Heute ist das Museum übervoll mit den Fundstücken. Alle funktionieren, und wir sind nicht die einzigen, die gerne die eine oder andere Münze opfern, um die Puppen tanzen zu lassen.
Steile Sache: Greenwich Steps
Vom Pier aus sieht man hinauf zum Coit Tower: Der 64 Meter hohe Aussichtsturm auf dem Telegraph Hill bietet einen Panoramablick weit über die Bucht von der Bay Bridge zur Golden-Gate-Brücke, auf der anderen Seite in Richtung Russian Hill. Zwischen dem Pier und dem Turm liegen 400 Stufen. Ein wenig versteckt liegt der Zugang zu den Greenwich Steps, zu jenem verwinkelten Anstieg, der durch prachtvoll blühende private Gärten nach oben leitet.
Grüne Oase: Grace Marchant Garden
An den Filbert Steps liegt der Garten von Grace Marchant. Die Anwohnerin verwandelte eine vermüllte Straße über 33 Jahre hinweg in einen Rosengarten. Als sie 1982 starb, übernahm Nachbar Gay Kray das „Erbe“, später gründete er eine Bürgerbewegung, der es gelang, das Paradies vor Investoren zu bewahren. Damit wurde der Garten über die engere Nachbarschaft hinaus bekannt, heute ist er ein Anziehungspunkt für Besucher, die den steilen Anstieg nicht scheuen.
Durch das Drachentor nach Chinatown
Wer abends gut, aber nicht überteuert essen will, den führt der Weg nach Chinatown. Wir betreten das Viertel durch das Dragon Gate an der Grant Avenue – es erfüllt als einziges Tor in ganz Nordamerika die chinesischen Ansprüche an einen solchen Eingang. Am Abend leuchten die Ballons und tauchen die schönen, alten Fassaden in rotes Licht. Die Geschäfte und Imbissläden richten sich heutzutage eher an die Besucher als an Bewohner, die aufgrund der exorbitanten Preise im Zentrum an die Peripherie ausweichen. Aber der Bummel durch das Viertel ist noch immer ein Augenschmaus und das kulinarische Angebot interessant. Empfehlenswert ist die „R & G Lounge“ in der Kearny Street: Lachsröllchen und Pekingente schmecken hervorragend und sind offenbar auch authentisch, denn es speisen auch viele chinesischstämmige Nicht-Touristen hier. Wenige Straßen weiter beginnt übrigens Little Italy – mit einer reichen Vielfalt italienisch geprägter Lokale bis hin zum bekannten „Stinking Rose“, dessen Markenzeichen Gerichte mit Knoblauch sind.
Bunter Kreuzungspunkt: Mission Dolores Park
Ein wunderbarer Ausgangspunkt für Erkundungen in alle Richtungen ist der Mission Dolores Park. Hier, wo sich die Bezirke Castro und Mission begegnen – das LGBTQ-Viertel und der Latino-Bezirk – kann man sich unters Volk mischen. Am Eingang steht das Motto der Toleranz: „You are safe, protected, and welcome here. Whoever you are, however you love.” Wir lieben das exzellente Speiseeis von „Be-Rite“, einem teuren, aber bestens sortierten Ökoladen in der 18. Straße. Im Westen führt die Straße hinauf nach Castro mit seinen wunderschönen Häusern und Vorgärten – in vielen davon hängt die Regenbogenfahne. In Richtung Osten geht es tiefer hinein nach Mission, wo es anders bunt ist: Viele Häuserfassaden zieren großflächige Wandgemälde, die meisten findet man rund um Balmy Alley und 24th Street.
Claudia Gigler