Wenn eine Immobilie innerhalb der Familie weitergegeben wird, ist es üblich, dass sich Eltern ein Wohnrecht vorbehalten. Was genau ist damit gemeint?

STEFAN KOHLFÜRST: In den meisten Fällen ist damit ein Wohnungsgebrauchsrecht gemeint. Dabei handelt es sich um ein dingliches, somit mit der Liegenschaft verbundenes Recht, eine fremde Sache ohne Verletzung der Substanz zum eigenen Bedürfnis zu nutzen. Der Umfang der Nutzung und wer in welchem Umfang für anfallende Kosten aufzukommen hat, ist vertraglich zwischen Eigentümer und Wohnberechtigtem zu regeln. Das Wohnungsgebrauchsrecht ist eine sogenannte höchstpersönliche Dienstbarkeit. Das bedeutet, es steht nur dem Berechtigten selbst zu, und nicht etwaigen Mitbewohnern. Das Wohnrecht erlischt somit auf jeden Fall mit dem Tod des Berechtigten und ist nicht vererbbar.

Man kann das Wohnrecht aber auch als Fruchtgenussrecht gestalten und vereinbaren. Worin liegt der Unterschied?

STEFAN KOHLFÜRST: Das Fruchtgenussrecht ist weitreichender. Der Begünstigte ist berechtigt, die ihm überlassenen Teile des Hauses mit Schonung der Substanz ohne Einschränkung zu benützen. Er kann also zum Beispiel Mietverträge abschließen und die Miete vereinnahmen, hat aber für die Betriebskosten aufzukommen. Für die Instandhaltung der Immobilie hat der Eigentümer zu bezahlen. Gegenteiliges kann allerdings vereinbart werden.

Muss ein Wohnrecht immer ins Grundbuch eingetragen werden?

STEFAN KOHLFÜRST: Zu empfehlen ist es jedenfalls. Nur so ist sichergestellt, dass im Falle eines Verkaufes der Liegenschaft das Recht auch gegenüber dem zukünftigen Eigentümer besteht und uneingeschränkt ausgeübt werden kann.

Welche Voraussetzungen gibt es für die Eintragung eines Wohnrechts ins Grundbuch?

STEFAN KOHLFÜRST: Dazu benötigt man einen grundbuchsfähigen Vertrag, eine Fruchtgenuss- bzw. Wohnrechtsvereinbarung. Ohne einen solchen im Original in Händen zu halten, kann das Wohnrecht nicht verbüchert werden.

Gelten Wohnrechtsvereinbarungen immer lebenslang?

STEFAN KOHLFÜRST: Das Wohnrecht kann auf bestimmte oder unbestimmte Zeit eingeräumt werden. Zumeist wird es auf Lebzeiten gewährt und endet somit mit dem Tod des Berechtigten. Der Berechtigte kann jederzeit auf sein Recht verzichten und in die Löschung einwilligen. Ein Wohnrecht kann aber nicht einseitig entzogen oder widerrufen werden.

Gibt es Fälle, in denen ein Wohnrecht ohne Verzicht oder Tod des Begünstigten oder Ablauf der vereinbarten Frist erlischt?

STEFAN KOHLFÜRST: Ja, bei einem Untergang der Liegenschaft, sehr selten durch Enteignung und schließlich durch Verjährung nach mehr als 30 Jahren Nichtausübung.

Verliert man sein Wohnrecht also, wenn man es über Jahre nicht nutzt?

STEFAN KOHLFÜRST: Das Wohnrecht erlischt bei Nichtausübung nicht automatisch. Der Eigentümer hat dazu in einem von ihm einzuleitenden Gerichtsverfahren zu beweisen, dass das Recht mehr als 30 Jahre nicht ausgeübt wurde. Zeitliche Abwesenheit führt daher nicht zum Verlust des Wohnrechts. Das Wohnrecht bleibt auch bei dauerhafter stationärer Pflege des Begünstigten bestehen.

Was passiert mit dem eingetragenen Wohnrecht, wenn eine Immobilie verkauft wird?

STEFAN KOHLFÜRST: Es ist vom Käufer zu übernehmen. Der Berechtigte kann in seinen Nutzungsrechten nicht eingeschränkt werden.

Ein bestehendes Wohnrecht ist also eine Belastung der Liegenschaft und schmälert beim Verkauf ihren Verkehrswert? Wie lässt sich diese Preisminderung beziffern?

STEFAN KOHLFÜRST: Unterstellt man, dass Wohnrechte meist für das ganze Leben des Berechtigten eingeräumt werden, ist der Umfang der Belastung vom Alter der Berechtigten abhängig. Festgestellt wird der Wert des Wohnrechtes von einem Sachverständigen, maßgebliche Kriterien sind der Umfang des Wohnungsgebrauchs- bzw. Fruchtgenussrechtes, welche Gebäudeteile es umfasst und wie alt der Berechtigte ist.

Wie verbindlich ist ein Wohnrecht, das man jemandem testamentarisch vermacht? Reicht das etwa zur Absicherung von Lebensgefährten?

STEFAN KOHLFÜRST: Dazu muss man wissen, dass Testamente einseitige, formbedürftige, letztwillige Anordnungen sind, die vom Verfasser jederzeit abgeändert oder widerrufen werden können und ihre Wirkung erst mit dem Tod des Erblassers entfalten. Die grundbücherliche und sohin gänzliche Absicherung des Wohnrechts zu Lebzeiten des Erblassers kann nur durch einen verbücherungsfähigen und danach verbücherten Vertrag erfolgen.

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