Die Abendsonne fängt sich in den Gläsern und taucht die Terrasse des „Restaurant Hubert Wallner“ in warmes Licht. Das frisch erbaute Lokal in Dellach schmiegt sich elegant an den Hang hinter dem Bistro Südsee, das Hubert Wallner schon seit vier Jahren betreibt. Seit Ende Juni hält nun das neue Restaurant geöffnet.

Angedockt ist es am „Hermitage Vital Resort", der Pachtvertrag unbefristet und die einsehbare Küche größer. Rund 1,8 Millionen Euro flossen in den Neubau samt Ausstattung. Am Betrieb selbst hat sich aber kaum etwas verändert. „Trotz des Lockdowns ist es gelungen, alle Mitarbeiter vom Seerestaurant Saag zu behalten“, sagt der Patron. Neu ist der Chefs table, um dessen zwölf Plätze es seit der Eröffnung ein Gerangel gibt. Serviert wird dort, was auch im Restaurant zu haben ist.

Aufgetischt wird hier in einem Extraraum neben der Küche auf einer schlichten weißen Tafel mit Glasplatte. Ganz bewusst habe er sich gegen einen Tisch in der Küche entschieden, sagt Wallner. Laute Worte gebe es bei ihm zwar nicht, aber das Esserlebnis würde bei der Betriebsamkeit gestört. So sitzt man hier in seliger Ruhe mit Blick auf den See, nach Sonnenuntergang spiegelt sich das Küchengeschehen in den breiten Fensterfronten wider. So ist man von allen Seiten im Bilde, was sich dort tut.

Der Innenraum des Restaurants geht in eine ausladende Terrasse über
Der Innenraum des Restaurants geht in eine ausladende Terrasse über © (c) Werner KRUG

Besteck zum Selberwählen

Das wahre Geheimnis des Tisches wird beim ersten Gang gelüftet. Jeder der zwölf Plätze ist mit einer eigenen, 23-teiligen Besteckschublade ausgestattet. Schon fühlt man sich noch ein Stück freier.

Und dann beweist der Gault&Millau-"Koch des Jahres 2020" mit jedem einzelnen Gang, dass er auch an seinem neuen Standort nichts von seinem meisterhaften Gespür für feinsinnige Kompositionen eingebüßt hat. Im Gegenteil.

Zur Eröffnung drei Miniaturen: Ein BBQ-Bun, herzhaft geräucherte Rinderbrust umhüllt von Germknödelteig, darauf Miso und gelockter Lauch, auf einer Macaronhälfte von der weißen Paradeiser zitrus-erfrischendes Lachsforellentatar gedeckelt mit Paradeisergelee, darauf etwas Avocadocreme. Außerdem eine aromatische Falafel mit Blutwurstfülle.

Warum die ersten drei Kleinigkeiten so ausführlich Erwähnung finden? Weil sie das vorrausschicken, was sich durch das gesamte Menü zieht: präzises Handwerk, ein gelungenes Spiel mit den Texturen, ein feines Händchen für Aromen und die Lust am Spiel, bekannte Zutaten und erlernte Gerichte in ein neues Licht zu rücken. Und es zeigt, dass Hubert Wallner mehr will, als die Bewertung im Saag zu wiederholen.

BBQ-Bun mit Brisketfülle, im Hintergrund ein Paradeisermacaron und ein aus Gabeln gefertigtes Kunstwerk
BBQ-Bun mit Brisketfülle, im Hintergrund ein Paradeisermacaron und ein aus Gabeln gefertigtes Kunstwerk © Pichler

Leichter interpretiert

Alle Gerichte kommen mit Aussage, nie zu zaghaft gewürzt, wie die pochierte Bergforelle mit brauner Butter, Senfkörnern und einem Ragout aus Schweinskopf und Rüben gewürzt mit Majoran. Oder das Herzbries mit geräucherter Kalbszunge auf gebratener Melanzani mit Minzgelee, Granatapfel und Kalbsjus. Für die nussig-mollige Umaminote sorgt die fermentierte Gewürzmischung Vadouvan.

Hervorzustreichen ist auch die Weinbegleitung von Sommelier Andreas Katona, der vier hervorragenden heimischen Weinen aus dem Wagram (Fritsch), Berghausen (Tement), dem Kremstal (Proidl) und dem Vulkanland (Müller) eine Spätlese von der Mosel (Prüm) und einen Moscato d'Asti aus dem Piemont (Mascarello) zur Seite stellt. 

Geerdet und dennoch leicht interpretiert wie alle Gänge präsentiert sich die fabelhafte Biogänseleber mit Zartbitterschokolade und Kirscheis. Ein paar Pinienkerne geben dem Ganzen einen unerwarteten Twist. Dazu ein lauwarmer Kärntner Reindling. Irgendwo versteckt sich in den Gerichten immer ein Klassiker, das Bekannte und Vertraute. Vielleicht ist das auch das Geheimnis des Wohlgefühls, das während des Essens aufkommt. Wie beim geschnmorten Reh mit Sellerieespuma und den Selleriecanneloni mit Waldorfsalat.

Blumengruß mit Mokka und Leber
Blumengruß mit Mokka und Leber © Pichler

Mit Stickstoff-Geeistem wird mehrfach aufgewartet - etwa zur zart-pochierten Auster, serviert im Sandbett mit winzigen Muscheln. Eiskalter Schafskäse schmiegt sich an Wassermelonenperlen. Auch zu den Heidelbeeren am Ende des Menüs gesellt sich geeistes Schafsjoghurt. Eisige Mango-Maracuja peppt ein an sich schon faszinierendes Aromenspiel aus Erdnuss, Zitronenessig, grünem Curryeis, Schokoladen- und Kokosgel, Passionsfruchtkrokantchip, Kokos-, Litschi- und Ingwerwasser auf, das der junge Patissier Markus Walder an den Tisch bringt. Insgesamt ein fabelhafter Auftritt vom gesamten Team!

Für Hobbyköche hält Hubert Wallner dieses einfache wie raffinierte Rezept zum Nachkochen bereit:

Zum Nachkochen: Confierter Zander mit Brokkoli und Paprika
Zum Nachkochen: Confierter Zander mit Brokkoli und Paprika © (c) werner krug

Rezept: Zander in Olivenöl confiert

Zutaten: 4 Zanderfilets á 150 g (alternativ Forelle, …), ½ Liter Olivenöl, Meersalzflocken (z.B. Maldon) zum Würzen; für die Brokkolicreme 100 g Brokkoli, 50 g Butter, 50 g Crème fraîche, Salz, Cayennepfeffer, außerdem 12 Stängel wilder Brokkoli oder 12 Röschen vom handelsüblichen, etwas Butter; 2 rote Paprika, 1 TL Dijon Senf, 1 TL Zitronenthymian, 1 Spritzer frischer Zitronensaft, Salz, Pfeffer; für 1/2 l Fischnage: 50 g Knollensellerie, 50 g Champignons, 2 Schalotten, 1 Knoblauchzehe, alles klein geschnitten, 1/4 l Gemüsefond, 1/4 l Fischfond, 5 cl Pernod, 5 cl Noilly Prat, 1/8 l Weißwein, 50 g Crème fraîche, 25 g Mascarino, 50 ml Olivenöl.

Zubereitung:

1. Für die Fischnage Schalotten klein schneiden, mit Champignons und Knoblauch in Öl, ohne dass es Farbe nimmt, anlaufen lassen. Sellerie hinzufügen, kurz mitdünsten. Mit Noilly Prat, Pernod und Wein aufgießen, die Fonds dazugeben, alles um ein Drittel einkochen lassen. Mit einem Stabmixer pürieren, durch ein Sieb passieren, mit Crème fraîche und Mascarino aufmixen, abschmecken.

2. Für das Paprikaragout Paprika entkernen, mit Salzwasser überbrühen, etwas ziehen lassen, mit Eiswasser abschrecken, häuten. Paprika würfeln, mit den anderen Zutaten vermischen, ev. nachwürzen.

3. Für die Brokkolicreme die Butter erhitzen, wenn sie braun wird, vom Herd ziehen. Brokkoli in Salzwasser weichkochen, mit brauner Butter und Crème fraîche fein mixen, durch ein Sieb passieren, abschmecken.

4. Den (wilden) Brokkoli zurechtschneiden, mit Öl in einem Sack vakuumieren/luftdicht verschließen. Bei 90 Grad 10 Min. dämpfen, in Eiswasser abschrecken. Vor dem Anrichten kurz in brauner Butter anbraten, salzen.

5. Für den Fisch: Öl auf 60 Grad erwärmen, Zander einlegen. Für etwa 12 Min. ziehen lassen. Herausnehmen, vor dem Servieren mit Salzflocken bestreuen.

6. Anrichten: Fischnage schaumig mixen, um Fisch, Brokkoli, -creme und Paprikaragout verteilen, servieren.