Man kennt das doch. Ruinen wandeln sich in prächtige Schlösser, Ackerlandschaft wird zu üppigen Parkanlagen – die Kulissen eines Historienfilms werden digital heraufbeschworen, gedreht wird im Studio. Erst im Film wirkt alles täuschend echt. Nicht so in der britischen Serie „Downton Abbey“.

Der Stammsitz der Film-Familie Crawley ist höchst real, pardon, royal. Denn auch Königin Elizabeth II. beehrte das Schloss schon mit ihrem Besuch. Highclere Castle liegt in der britischen Grafschaft Hampshire und ist „in echt“ noch beeindruckender als im Film. Mehr noch, der 8. Earl of Carnarvon, seine Frau, Lady Fiona, ihre Kinder, Hunde, ein paar Pferde, Schafe, Hühner, Gewächshäuser und ein Weihnachtsfest gespickt mit alten Bräuchen könnten selbst zum Filmhit werden, wenn sie es zuließen.

Bislang beschränkt sich die Countess aber darauf, das Leben auf dem Schloss in Buchform zu bringen. Ein weiterer Baustein zum Erhalt der Pracht, denn die Fassade umspannt vom Keller bis in die Türme 250 Zimmer. Die Mittel für die anfallenden Renovierungen zieht man auch aus dem Besucherstrom, der seit dem Start der Erfolgsserie Downton Abbey nicht mehr abreißt.

Zauberhafte Winterlandschaft

Jetzt, Mitte Dezember, zeigen sich die Wiesen in dem weitläufigen Park vor dem Schloss frisch angezuckert. Der Weihnachtsmarkt auf Highclere Castle ist gerade vorbei. Alle Jahre wieder wird hier mit Kunsthandwerk aus der Region gehandelt. Längst laufen die kulinarischen Vorbereitungen für das Festauf Highclere Castle auf Hochtouren. Federführend dabei ist die Schlossherrin.

Schon im September wird saures Gemüse eingelegt, Früchte werden zu Chutneys verkocht und nach dem ersten Frost die Schlehen vergoren. Ende November werden Plumpuddingund Weihnachtskuchen zubereitet, damit sie bis zum Fest gut durchziehen können. Vor allem Letzterer ist very British. Und very aufwendig.

Trockenfrüchte und Bier

Nach dem Rezept von Lady Fiona kommen wie beim Kletzenbrot eine Menge Trockenfrüchte in den Kuchen. Dann folgen Karotten, Bier, Rum, Rindernierenfett, Orangen und Milch. Zu Weihnachten hat jeder, der ein Stück verspeist, seinen Spaß damit, denn im Kuchen versteckt sich auch eine Münze – als Glücksbringer.

Auf rund 1000 Jahre Geschichte blickt man auf Highclere Castle zurück. Das heutige Erscheinungsbild hat das Schloss südwestlich von London einem Architekten der Neo-Renaissance zu verdanken. Sir Charles Barry ließ es 1839 in dreijähriger Bauzeit entstehen, bevor er sich unter anderem dem Westminsterpalast, dem Sitz des britischen Parlaments, widmete.

Bei Führungen durch „Real Downton Abbey“, beim Afternoon Tea im Schloss-Café, im großen Salon oder im Stanhope-Schlafzimmer fühlt man sich fast als Teil der Serie. Wo die Bediensteten der adeligen FilmFamilie durch die Gänge huschten, folgt man der Hausherrin auf dem Weg in die Kellerräume.

Tutanchamun

Kurzer Zeitsprung ins Jahr 1922, nach Ägypten. Der 5. Earl of Carnarvon hatte die Grabungslizenz im Tal der Könige inne, als Howard Carter das wohl berühmteste Grab Ägyptens aus dem Totenschlaf küsste – das des Tutanchamun. Zu dieser Zeit zählte es in Großbritannien zum guten Ton, Mumien beim Fünf-Uhr-Tee auszuwickeln. Ob auf Highclere Castle jemals zugepackt wurde, ist nicht überliefert. Vielmehr erinnert eine kleine ägyptische Ausstellung in den Kellerräumen an den  Expeditionserfolg.

Einblicke in das Leben auf Highclere Castle samt Deko- und kulinarischer Tipps von der Schlossherrin, Knesebeck-Verlag (36 Euro)
Einblicke in das Leben auf Highclere Castle samt Deko- und kulinarischer Tipps von der Schlossherrin, Knesebeck-Verlag (36 Euro) © Highclere Castle/Knesebeck

Zurück in die heutige Zeit, unter den Mistelzweig. Auch Efeu und Immergrün zieren die Räume. Der sechs Meter hohe Weihnachtsbaum im Salon ist geschmückt. Alles steht für Familie und Freunde, die aus aller Herren Länder anreisen, bereit. Am ersten Weihnachtstag biegt sich die Tafel mit traditionellen Gerichten, der Duft der Weihnachtsgans zieht durch den Speisesaal. Zur Krönung wird der Weihnachtskuchen flambiert serviert. Wenn die blauen Flammen rund um den Kuchen züngeln, ist das Fest gelungen. Darauf einen Brandy.