Ein Jahr nach überstandener Covid-19-Infektion klagen zwei Drittel der Patienten über Nervensystem-Erkrankungen, berichteten Mediziner Montag bei einer Pressekonferenz im Vorfeld einer Neurologie-Fachtagung in Graz. Nur zwölf Prozent der Probleme traten bei den Patienten aber erstmalig durch die Sars-CoV-2-Erkrankung auf. "Das Virus wirkt zum Teil also als Brandbeschleuniger der pathologischen (Anm.: krankmachenden) Prozesse", sagte Neurologe Christian Enzinger.

Es gibt mehrere Möglichkeiten, wie die Coronaviren das Nervensystem schädigen können, so Enzinger, der an der Universitätsklinik für Neurologie der Medizinischen Universität Graz tätig ist. Teils infizieren sie direkt das zentrale Nervensystem, verursachen Gefäßentzündungen, öffnen die Blut-Hirn-Schranke und führen zur Bildung kleiner Blutgerinnsel, die etwa Äderchen im Gehirn verstopfen, wie sein Kollege Raimund Helbok von der Medizinischen Universität Innsbruck herausgefunden habe. Mögliche indirekte Auslöser wären systemische Infektionen, überschießende Reaktionen des Immunsystems und Sauerstoffmangel.

Die häufigsten neurologischen Symptome

Die häufigsten neurologischen Symptome ein Jahr nach einer Coronavirus-Infektion sind Schlafstörungen, Konzentrationsschwierigkeiten, Geruchs-, sowie Geschmacksstörungen, Vergesslichkeit und Kopfschmerzen. Viele Patientinnen und Patienten klagen auch über Gliedmaßenschwäche und Schwindel. Halluzinationen, Tinnitus (Geräusche ohne zuordenbare Schallquelle) und Ohnmachtsanfälle traten ebenfalls auf. Nur bei zwölf Prozent der Patienten sind solche neurologischen Beschwerden vorher nicht aufgetreten oder bekannt gewesen, so Enzinger. Sie wurden demnach meist durch Covid-19 verstärkt, aber nicht ursprünglich ausgelöst.