Quälende Bauchschmerzen, Blähungen, anhaltende Durchfälle oder Verstopfung - aber bei Untersuchungen wie der Koloskopie ist nichts zu finden: So zeigt sich das Reizdarm-Syndrom, eine Erkrankung, die bis zu 20 Prozent der Bevölkerung betrifft.

„Reizdarm ist eine sehr ungenaue Diagnose, ein besserer Ausdruck ist funktionelle Magen-Darm-Störung“, sagt Patrizia Kump, Gastroenterologin an der Med Uni Graz. Die Ursache für die Beschwerden ist eine neuro-motorische Störung im Magen-Darm-Trakt - das Problem liegt im Nervensystem des Darms. „Auslöser können einerseits Stresssituationen, anderseits Infektionen im Darm oder Operationen sein“, sagt Kump - all diese Einflüsse können das Nervensystem im Darm nachhaltig beeinflussen.

Darm und Hirn sprechen miteinander

Die Diagnose Reizdarm könne nur durch ein Ausschlussverfahren gestellt werden: Entzündliche Darmerkrankungen, Allergien oder Nahrungsmittelunverträglichkeiten müssen ausgeschlossen werden - übrig bleibt der Reizdarm. Aber: Wie unterscheidet man zwischen Nahrungsmittelunverträglichkeit und Reizdarm, wenn die Beschwerden sehr ähnlich sind? „Bei Patienten mit einer Unverträglichkeit, verschwinden die Beschwerden, wenn sie eine Diät einhalten“, sagt Kump. Bei Reizdarm-Betroffenen werden die Symptome durch eine Diät vielleicht kurzfristig besser, verschwinden aber nie vollständig.

Der Darm hat ein eigenes Nervensystem, das mit unserem Gehirn kommuniziert: Dadurch können auch Stresssituationen und Traumata den Reizdarm auslösen. Eine Therapiemethode ist daher die darmbezogene Hypnose: „Das ist eine Entspannungstherapie, die das Nervensystem des Darms beruhigen kann“, sagt Kump.

Manchmal seien auch Psychopharmaka notwendig. „Damit schieben wir Betroffene nicht in die Schublade des ,eingebildeten Kranken'“, unterstreicht Kump, „sondern beeinflussen die Botenstoffe der Nerven im Darm.“

Stuhltransplantation als Therapie

Neben speziellen Diätkonzepten (Stichwort Fodmap), gibt es auch spezielle Reizdarm-Medikamente, die die Motorik des Darms verbessern sollen. Momentan wird aber ein neuer Therapieansatz erforscht: „Auch die Darmbakterien spielen beim Reizdarmsyndrom eine große Rolle“, sagt Kump. So wurde gezeigt, dass Reizdarm-Patienten eine andere Darmflora haben als Gesunde. Der neue Therapie-Ansatz sieht daher so aus: Mittels Stuhltransplantation werden die Darmbakterien von Gesunden in den Darm von Reizdarm-Patienten übertragen und sollen dort für eine gesunde Besiedelung sorgen. Der Ansatz wird momentan in einer Studie untersucht.