Manche Revolution beginnt mit einem Zufall: Eigentlich waren Forscher der Pharmafirma Pfizer Ende der 1980-er Jahre auf der Suche nach einem Medikament gegen Herzbeschwerden. Die Ärzte wunderten sich, dass so mancher männliche Studienteilnehmer die übrig gebliebenen Tabletten nicht zurückgeben wollte.

Die männlichen Probanden wiederum staunten, weil die Behandlung eine unerwartete Nebenwirkung auslöste – sie bekamen verbesserte Erektionen. In nachfolgenden Studien stellte sich heraus, dass der neue Wirkstoff einen Einfluss auf die Durchblutung im Schwellkörper des Penis hat und somit Erektionen fördern kann. Knapp zehn Jahre später führte diese unerwartete Entdeckung zur Zulassung der ersten Tablette für Erektionsprobleme.

Erste Tablette gegen Erektionsstörung

„Mit der Entdeckung dieses Wirkstoffs wurde erstmals die Behandlung in Tablettenform möglich. Bis dahin waren die Behandlungsmöglichkeiten von erektiler Dysfunktion auf Injektionen in den Penis, Vakuumpumpen oder operative Eingriffe beschränkt“, beschreibt Sérgio Alves von Pfizer Österreich.

Auch Michael Rauchenwald, Vorstand der Abteilung für Urologie und Andrologie am Donauspital (SMZ Ost) in Wien, erinnert sich: „Das Medikament hat die Sexualmedizin revolutioniert und dazu beigetragen, das Thema Erektionsschwäche zu enttabuisieren. Die Einstellung zu Sex und Erektionsstörungen wandelte sich. Betroffene Männer hatten endlich den Mut, den Arzt auf ihr Problem anzusprechen. Aber auch für uns Ärzte war die Entdeckung ein Meilenstein. Patienten hatten immer schon den Wunsch nach einer einfachen Behandlung in Form einer Tablette. Nun konnten wir endlich eine Lösung anbieten.“

Seit damals hat sich die Palette an möglichen Therapien stark erweitert. „Rund 30 verschiedene Medikamente stehen Patienten mit erektiler Dysfunktion heute zur Verfügung“, so Alves.

Wenn Mann nicht mehr kann

Die Potenzstörung ist ein häufiges Leiden mit vielen Gesichtern. Per Definition spricht man von einer erektilen Dysfunktion (ED), wenn es dem Mann nicht mehr gelingt, eine für einen befriedigenden Geschlechtsverkehr ausreichende Erektion zu erreichen und aufrechtzuerhalten. Man geht davon aus, dass in Österreich etwa 730.000 Männer davon betroffen sind – das bedeutet, etwa jeder 6. Mann hat ein Problem mit seiner Potenz. Etwa 300.000 leiden an einer mittel- bis schwergradigen ED.

Hauptrisikofaktor für die Entstehung ist das Alter. Jedoch: „Probleme mit ihrer Erektion haben keineswegs nur ältere Männer. Bereits mit 30 ist etwa jeder zehnte Mann betroffen. Mit zunehmendem Alter steigt aber das Risiko – ab 60 leidet rund jeder Dritte unter einer sexuellen Funktionsstörung. Während in jüngeren Jahren vor allem psychische Faktoren wie Stress für eine schlechte oder fehlende Erektion verantwortlich sind, hängt die Ursache später hauptsächlich mit der Alterung des Gefäßsystems zusammen“, weiß Urologe Rauchenwald.

Weitere Risikofaktoren sind Erkrankungen wie erhöhter Blutdruck und zu hohe Blutfettwerte, Diabetes mellitus, mangelnde körperliche Aktivität sowie Medikamente (Antihypertensiva, Sedativa, Neuroleptika, Antidepressiva).

Verbesserter Blutfluss

Doch was steckt hinter dem Potenzproblem? Der Urologe erklärt die Vorgänge unter der Gürtellinie: „Eine Erektion ist ein komplexes Zusammenspiel verschiedener Körperfunktionen. Bei sexueller Stimulation wird der Botenstoff Stickstoffmonoxid (NO) ausgeschüttet, der wiederum die Produktion des Botenstoffs cyclisches Guanosinmonophosphat (cGMP) bewirkt. Dieser erweitert die Gefäße, wodurch mehr Blut in den Penis einströmen kann, und es kommt zur Erektion. Nach dem Samenerguss wird dieser Botenstoff vom Enzym Phosphodiesterase Typ 5 (PDE-5) wieder abgebaut. Durch Hemmung des PDE-5-Enzyms kommt es zur Anreicherung bzw. verzögertem Abbau von cGMP und bei sexueller Stimulation damit zu einem verbesserten Blutfluss in den Penis.“

Und genau hier liegt auch das Geheimnis der Potenzpillen. Wie jedes Medikament haben aber auch diese Wirkstoffe potentielle Nebenwirkungen. Umso wichtiger ist es sich an den Facharzt zu wenden, der nicht nur die genauen Ursachen feststellen, sondern auch die individuell passende Behandlung festlegen kann.